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Kirche in WDR 2 | 07.06.2025 | 05:55 Uhr
Kinoverkündigung
Ein Haus am See, irgendwo in Deutschland: Drei Erwachsene und fünf Kinder leben hier. Also eine Familie? Nicht ganz.
„Wir sind ja nicht die Ersatzeltern oder so, aber wir sind ja dieses familiäre Konstrukt… sind wir ja doch irgendwie, ne? Also ergänzend dann quasi.“
Ergänzend, denn das Haus ist eine Wohngruppe für Kinder, die aus den verschiedensten Gründen nicht mehr bei ihren Eltern leben. Die Erwachsenen sind die Erziehenden, sie arbeiten im Schichtdienst. Der Dokumentarfilm "Im Prinzip Familie" von Daniel Abma begleitet das Haus ein Jahr lang und läuft seit dieser Woche in den Kinos. Er stellt die Frage: Was ist Familie, wenn es eben nicht funktioniert?
„Oft ist es ja so, dass nicht die Kinder das Problem sind, sondern die Eltern. Die es zu Hause irgendwie nicht gewuppt kriegen, die ganze Sache oder überfordert sind.“
Das zeigt sich im Alltag der Wohngruppe.
„Ja, das ist das Traurigste, wenn das Kind jede Nacht hier wach wird und schreit: Mama - und nicht weiß, was los ist.“
Damit abfinden? Das ist keine Alternative. Immer wieder sprechen die Erwachsenen mit den Eltern der Kinder, mit dem Jugendamt, planen und setzen Ziele. Aber auch das ist eine Lehre des Films: Es klappt einfach nicht immer.
„Was ist der große Wunsch? - Ja, dass ich dann irgendwann mal zu Mama oder zu Papa komme im Sommer. - Wie würden Sie sich das wünschen? - Das ist eine gute Frage.“
Die
Familie, sie steht in unserer Gesellschaft von vielen Seiten unter Druck:
Eltern sollen möglichst Vollzeit arbeiten, dabei aber auch Zeit für ihre Kinder
haben und sie individuell fördern. Das Ganze soll möglichst so aussehen, als
würde es ohne Mühe funktionieren. Als wäre Familienglück vorprogrammiert, ein
Naturgesetz. Aber bei den Kindern in diesem Haus sind die Eltern gescheitert.
Das spüren ihre Kinder – und den Kindern wiederum ist es anzumerken. Ebenso
spürbar wird aber auch: Es ist mitunter eine Last, wenn nur die
Kernfamilie alle
Herausforderungen
meistern kann, oder soll. Früher waren Familiensysteme größer: nicht nur Vater,
Mutter, Kind. Da konnten Tanten, Onkel, Cousins, Cousinen und Großeltern entlasten.
Heute ist die Kernfamilie moralisch so aufgeladen, dass der Fall ins Scheitern noch tiefer ist. Der Film zeigt: Familie ist mehr als die Schablone. Familie ist ebensoviel ein Gefühl wie eine Personenkonstellation. Es ist ein Gefühl von Geborgenheit, Sicherheit und Zuwendung. Nur, weil es Eltern gibt, heißt das nicht, dass daraus eine funktionierende Familie wird. Manchmal braucht es Hilfe von außen. Das muss nicht notwendigerweise das Jugendamt sein. Jede und jeder kann mal hinsehen im eigenen Umfeld – und vielleicht einfach mal fragen, ob man mal vorbeikommen kann. Zuhören. Mit- und Nachfühlen. Dann kann das große Paket Familie auf dem Rücken etwas leichter werden.