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Kirche in WDR 2 | 12.04.2014 | 05:55 Uhr

Tobit und Hanna – oder: Undank ist der Welten Lohn

Meine Tante Elli sagte immer: Undank ist der Welten Lohn. Das sagte sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Das war ihre Lebenseinstellung, fürchte ich. Und genau daran musste ich denken, als ich von diesem Streit las, von dem die Bibel erzählt. Weil es darin genau darum ging: Um den Undank und den Lohn der Welt.

Es ist nur die kleine Szene einer Ehe zwischen Mann und Frau, die da erzählt wird, zwischen Tobit und Hanna, die sich eines Abends geradezu anblöken, weil beide meinen, im Recht zu sein – man kennt das ja. Was war passiert? Er, Tobit, hatte seine Arbeit verloren. Und zwar auf tragische Art und Weise: Tobit war sehr engagiert in der Gemeinde. Und just bei seinem ehrenamtlichen Einsatz war er verunglückt, er verlor sein Augenlicht. Es war seine Guttat, die ihn ein für allemal – so schien es – zum blinden Krüppel gemacht hatte. Seitdem war er arbeitsunfähig, kaputt geschrieben. Hanna musste die beiden durchbringen. Sie fertigte daheim Webarbeiten an und lieferte sie dann bei den Bestellern ab, steht geschrieben. Von ihrem Lohn lebten beide. Mehr schlecht als recht. Und eines Abends kam sie nach hause und hatte etwas mehr in der Tasche als sonst üblich, aber anstatt sich darüber zu freuen, fing Tobit sofort an zu meckern. [Was weiß ich, vielleicht saß er schon die ganze Zeit da zu hause, kam sich unnütz vor, haderte mit sich und seinem Schicksal und hatte schlechte Laune.] Woher sie das hätte, blaffte er sie gleich an, soviel könne sie wohl doch nicht ehrlich verdient haben und sie hätte es doch wohl hoffentlich nicht gestohlen. Das war natürlich Blödsinn. Hana war keine Diebin. Sie hatte vielmehr was zusätzlich bekommen, vermutlich weil die Kunden sehr zufrieden gewesen waren. Oder weil sie ihr was Gutes tun wollten. „Ganz egal warum“, sagte sie, „ich habe es gerne angenommen in unserer Situation“. Das wollte Tobit aber nicht hören. Er regte sich gleich furchtbar auf, „Du lügst doch“ schrie er, und sie solle es gleich den Leuten zurückbringen. „Wir wollen das nicht“, schrie er, „Ich schäme mich! Ich schäme mich Deinetwegen.“

Tobit, der Prinzipienreiter, im Kampf für die gute Sache verwundet und damit für immer zum Ehrenbürger der Welt der Gutmenschen ernannt, Tobit, der selbst erklärte Oberwächter über das, was sein und was nicht sein darf, blind vor Selbstgerechtigkeit, hat gesprochen. Aber damit war er bei seiner Hanna an die Falsche geraten. Die ließ sich so nicht über den Mund fahren. Als er sich ausgetobt hatte, schlug sie zurück. Eiskalt. „So“, schrie sie, „dann sag mir mal: Wo ist denn der Lohn für deine Barmherzigkeit? Schau Dich doch an, jeder weiß, was sie dir eingebracht hat!“

Das war natürlich hart. Hanna legte ihren Finger in seine offene Wunde. Denn sie hatte natürlich Recht. Es war die völlig richtige Antwort in den Augen der Frau, die den ganzen Tag, jeden Tag der Woche, alle Wochen des Monats und alle Monate des Jahres ausbaden durfte, was das Gutmensch Sein ihres vortrefflichen Ehegatten ihnen eingebracht hatte: nämlich nur Ärger und Schmach, bis hin zur blanken Existenznot. Sie musste mit ihren eigenen Händen ausbaden, was Tobit ihnen eingebrockt hatte mit seinen moralischen Glaubensprinzipien. Mit seinem heiligen Anstand. [Und immerzu und überall wurde sie mit dem konfrontiert, was andere über sie dachten, wie andere ihren gesellschaftlichen Absturz und Niedergang entweder bemitleideten und oder für richtig hießen. Und vermutlich wusste sie nicht, was sich schlimmer anfühlte. ]

Aber natürlich wusste sie auch, dass das ungerecht war. Und vermutlich hat es ihr auch schon leid getan, kaum das sie es gesagt hatte. Aber das kann man ja auch verstehen - sie musste eben auch mal Dampf ablassen. Sich jetzt auch noch beschimpfen, unter die Verbrecher zählen lassen, wo sie doch schon alle Arbeit hatte, also das war nun wirklich zu viel gewesen.

Ich kann Hanna verstehen in ihrer Wut auf ihren selbstgerecht dasitzenden Mann. Aber ich fürchte ihre Worte. Es ist die Furcht, dass Hanna Recht haben könnte - und mit ihr meine Tante Elli und alle anderen Verbitterten, die so reden. Dass es sich wirklich nicht lohnt. Dass unsere heimliche Hoffnung falsch ist, wir könnten eben doch etwas erwarten, wenn wir was Gutes tun. Es zahlt sich nicht aus. Im Gegenteil. Sich zu engagieren für die gute Sache, das ist undankbar. Schlimm genug. Aber muss man deshalb so wie Tobit gleich alle, die sich anders verhalten, gleich für Verbrecher und Diebe halten? Müssen wir uns frustirert zurückziehen und auf Gott und die Welt schimpfen/und gleich alle verdächtigen?

Ich möchte hoffen, dass dies ja nicht das letzte Wort gewesen sein muss. Dass Gott noch etwas dazu zu sagen hat. Das ER die Antwort gibt. Eine Antwort, die beiden gerecht wird. Der wütenden Hanna. Und dem zutiefst frustrierten Tobit.

Copyright Vorschaubild: kohlmann sascha CCBY-SA 2.0 (flickr)

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