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Kirche in WDR 2 | 07.06.2014 | 05:55 Uhr

Das Opfer der armen Witwe

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es Leuten, die nicht so viel haben, dass es denen viel leichter fällt, etwas abzugeben, zu teilen. Ist doch seltsam oder? Man sollte doch meinen, wo sie weniger haben, da klammern sie sich mehr an das, was sie haben – aber im Gegenteil. Tun sie nicht. Vor allem die Älteren nicht, die, die schon so viel erlebt haben.

Zum Beispiel jene arme, alte Frau, die in einer Geschichte der Bibel in den Blick von Jesus fällt. Ich bin mir sicher, sie war an jenem Morgen vor vielen Jahren schon früh auf. Wie immer, wie jeden Morgen. Die alten Knochen, sie machten sich schon früh bemerkbar, ein Ziehen hier, ein Zerren da, es knirschte in allen Körperteilen, die Beine schwach, die Füße lahm und der Rücken krumm, Zeichen ihres fortgeschrittenen Alters. Aber das war sie gewohnt. Und heute würde das keine Rolle spielen.

Es war ein perfekter Morgen, der Himmel blitzblank, die Luft klar und die Sonne verschenkte großzügig ihr Licht. Ein perfekter Morgen für einen besonderen Tag.

Sie strich noch einmal die Falten ihres Gewandes glatt. Es war das Beste, das sie hatte. Und sie hatte nur dieses. Aber heute hatte sie es hervorgeholt und angezogen, die guten Sandalen dazu. Denn heute wollte sie in den Tempel gehen, zur Feier des Tages. Früher war sie oft in den Tempel hinaufgegangen, regelmäßig. Mit ihrem Mann. Es war so schön dort, so erhebend. Sie hatte sich so gut gefühlt an seiner Seite. Das ganze Leben hatte sie mit ihm geteilt. Aber nun war er schon lange fort, gestorben. Und sie war allein. Es war nicht einfach. Wenn man niemanden mehr hatte. Ihre Kinder lebten weit weg, Freunde und Verwandte hatte sie keine mehr hier. Sie war allein. Von ihrer kleinen Rente konnte sie gerade so leben. Wenn nichts Außergewöhnliches geschah.

Aber heute war ein außergewöhnlicher Tag. Ihr Hochzeitstag. Und sie hatte beschlossen, diesen Tag anders, eben besonders zu begehen. Sie wollte erst in den Tempel und dann auf den Markt und vielleicht irgendwo etwas essen gehen, sie wusste es noch nicht genau. Sie hatte keine Freunde, die sie einladen konnte, also würde sie sich selbst einladen. Sie steckte hastig all ihr Erspartes ein und ging.

Es dauerte länger, bis sie den Tempelberg hinaufgestiegen war, all die Treppen, immer wieder musste sie verschnaufen, sie war ganz außer Atem, als sie oben ankam. Doch als sie die Hallen des Tempels betrat und den Duft des Weihrauchs wahrnahm, als sie die vertrauten Gesänge hörte und ihr Blick sich weitete (in diesem unendlich hohen Raum), da fühlte sie sich plötzlich so emporgehoben, es überkam sie eine Art Glückgefühl, so eine frohe Gestimmtheit – das Gefühl, hier und jetzt am richtigen Ort zu sein. So ein Gefühl alter Vertrautheit und Verbundenheit. Wie eine schöne Erinnerung. Und als sie so da saß und zur Ruhe kam, da dachte sie daran, wie sie damals immer gemeinsam mit ihrem Mann hier gewesen war. Um Gott zu danken für das Glück, zusammen sein zu dürfen und für all den Segen, den ER über sie gebracht hatte. Plötzlich war ihr Herz so erfüllt und so voller Dankbarkeit dafür, dass sie das fühlen durfte, für all diese schöne Zeit, die sie mit ihm verbringen durfte, und auch wenn sie jetzt nicht mehr viel hatte, ja wenn sie arm war, dies war doch ein unerhörter Reichtum. Niemand konnte ihr den nehmen. Sie machte sich auf, wieder zu gehen.

Da, in diesem Moment kam sie an dem Opferstock vorbei. „Gedenke der Armen“ stand darauf. Ja, natürlich. Es kam ihr plötzlich richtig vor, ihre Freude mit anderen zu teilen. Sie hatte auf einmal den Wunsch, etwas zurückzugeben. Sie dachte gar nicht lange darüber nach, sie trat an den „Opferstock“ heran und warf all ihr Geld hinein. Es war ihr so selbstverständlich. Es schien ihr die beste Art zu sein, diesen Tag zu feiern. Dann verließ sie den Tempel, um nach hause zu gehen, sich ein einfaches Mahl zu bereiten und in die Sonne zu setzen. Ihr Herz war froh, als sie ging.

Was sie nicht wusste, war, dass sie dabei gesehen wurde. Jesus sah die Witwe und achtete nicht auf ihr ärmliches gebücktes Aussehen, er sah sie in ihrem Stolz, ihrer Würde und ihrer Hingabe. Er rief seine Schüler zusammen: Habt ihr jene Witwe gesehen? Alle anderen haben ein bisschen etwas von dem gegeben, dass sie über hatten, sie aber, sie hat mehr, sie hat alles gegeben, was sie hatte.

Und von diesem Tag an wurde die Geschichte der armen Witwe erzählt und weitererzählt – bis auf den heutigen Tag. Wie Sie soeben selber gehört haben.

Copyright Vorschaubild: Public Domain CCO Pixabay

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