Die große Liebe

Sogar im Tod kann sich die ganz große Liebe zeigen. So zumindest erzählt es die Geschichte von Floyd und Violet Hartwig, die beide Hand in Hand am selben Tag starben. Nach einem langen, glücklichen Leben miteinander.

Floyd und Violet wuchsen in Easton, im US Bundesstaat Kalifornien auf und kannten sich bereits seit Schulzeiten. Bei einem Tanzabend mitten im zweiten Weltkrieg begegneten sie sich wieder und der Funke sprang über – aus den beiden wurde ein Paar. Zwar stand der Zweite Weltkrieg der Romanze erst einmal im Weg, aber solange sein Fronteinsatz als Marinesoldat dauerte, überschüttete Floyd seine Violet mit Liebesbriefen. 131 dieser Briefe halten ihre Kinder und Enkel in Ehren - aber vermutlich waren es noch viel mehr.

Mit Kriegsende war es endlich soweit: die beiden heirateten am 16. August 1947 und begannen ihr langes, gemeinsames Leben. Gemeinsam betrieben sie eine kleine Farm, lebten von Baumwoll- und Truthanhnzucht. Drei Kinder wurden ihnen geschenkt.

„Die beiden waren füreinander bestimmt“, sagt Tochter Donna Sharton. „Sogar Leute, die sei eben erst kennengelernt hatten, stellten das immer wieder fest.

Bis ins hohe Alter waren Floyd und Violet aktiv, kümmerten sich um die inzwischen um vier Enkel und zehn Urenkel angewachsene Familie.

Nach 67 gemeinsamen Jahren litt Violet, inzwischen 89 Jahre alt, an einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung und an den Folgen mehrerer Schlaganfälle. Im Februar bekam 90jährige Floyd Hartwig die Diagnose, dass sein Nierenkrebs das Endstadium erreicht habe und ihm vielleicht noch zwei Wochen Lebenszeit verbleiben würden.

Ihren drei Kindern war klar, dass die beiden so sterben wollten, wie sie auch gelebt hatten: Zusammen, zuhause, im Kreis ihrer Familie. „Sie wollten zusammen gehen“, sagte Tochter Donna Sharton,“es sollte so sein.“

Ein Hospizdienst unterstützte die Familie, die das Wohnzimmer der Farm umräumte, damit die Pflegebetten Platz fanden. Zunächst standen die Betten einzeln, ein paar Schritte voneinander entfernt. Als die versammelte Familie aber feststellte, dass Floyd und Violet synchron atmeten, schoben sie die Betten zusammen und legten die Hände von Floyd und Violet ineinander.

Floyd starb als erster. Die Enkeltochter Cynthia Letson sagte, dass sie ihrer Großmutter Violet gesagt haben, dass Floyd gestorben sei und dass sie auch gehen könne. Er würde sie sicher erwarten. Fünf Stunden später folgte Violet ihrer großen Liebe.

Cynthia Letson sagt, dass ihre Großeltern ein unfassbar wertvolles Beispiel seien in einer Zeit, in der viel zu viele Ehen auseinander gingen. „Darum geht es doch letztlich“, sagt Letson,“ dass die Ehe kein Versprechen auf Zeit ist, sondern für Immer – das ist doch der Kern des Ganzen!“

Nach 67 gemeinsamen Jahren, die vielleicht auch nicht immer leicht waren, sterben zwei Menschen Hand in Hand, nebeneinander. Was für ein Geschenk. Was für ein Ansporn, darauf hinzuarbeiten. Und dabei geht es nicht um Moral oder um altmodische Familienbilder. Sondern um die große Liebe, um füreinander-da-sein, um zueinander-stehen, um Treue. Das sind Werte, für die es sich zu leben und um die es sich zu kämpfen lohnt.

Das ist nicht Hollywood und nicht Boulevardpresse – das ist das Leben. So voll und so schön wie es sein kann und sein soll. Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei – heißt es in der Bibel. Wie wahr.

Nicht immer gelingt es so, wie bei Floyd und Violet. Aber möge Gott uns das schenken – Ihnen und mir, dass am Ende des Lebens ein geliebter Mensch unsere Hand hält.

(Quelle: http://www.brigitte.de und www.cbc.ca)