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Kirche in WDR 2 | 10.08.2015 | 05:55 Uhr
Auf der Suche bleiben
Warum glaube ich eigentlich? Da bin ich ganz ehrlich: Manchmal kann ich nicht glauben – auch als Priester. Manchmal fällt es auch mir sehr schwer. Dann denke ich: Früher, als Kind, da war alles klar, ganz einfach, fast zu einfach. Heute sagen mir viele: Beweise es mir – beweise mir deinen Gott! Und dann stehe ich ziemlich hilflos da.
Denn Beweise habe ich nicht. Es gibt gute Gründe, zu glauben, Hinweise vielleicht. Aber beweisen kann ich Gott nicht. Ich habe meinen Glauben empfangen, bin als Kind getauft worden. Andere haben mir von Gott erzählt, von Jesus, vom Heiligen Geist. Ich kenne ihn also auch nur vom Hörensagen. Aber ich bin immer unruhig geblieben, war nicht zu schnell zufrieden, habe nachgefragt. Sollte ich etwa ins Blaue hinein glauben?
Ich kenne viele, die fragen kritisch nach, nehmen nicht mehr alles hin. Glauben beginnt mit solchen Fragen: Was ist mein Leben wert, wenn ich keine Arbeit finde, wenn ich krank bin? Wo gibt es so etwas wie einen Lebenssinn? Müsste da nicht mehr drinstecken – zwischen Wecker und Tagesthemen? In fragenden Menschen steckt ein großes Potenzial an Glauben, eine Offenheit für Gott.
Vielleicht stand er zu lange fraglos da, der christliche Glaube – und hat deshalb nur noch wenig Kraft. Heute ist er fragwürdig geworden, und darin sehe ich eine große Chance: bewusster zu glauben, deutlicher als bisher. Wer über jeden Zweifel erhaben ist, wer keine Anfragen zulässt – der wird unglaubwürdig.
Ich will mich nicht abfinden, sondern auf der Suche bleiben. Ich möchte mich an diejenigen halten, die Fragen stellen, und denen aus dem Weg gehen, die auf alles eine Antwort wissen.
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