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Kirche in WDR 2 | 31.08.2015 | 05:55 Uhr

Das Pfeifchen

Der Junge hat eine Lernschwäche. Buchstaben kann er nur mit Mühe unterscheiden. Sätze zu lesen, überfordert ihn. Man hat es aufgegeben, ihn zur Schule zu schicken. Stattdessen hütet er Schafe und Kälber. Wenn er auf der Weide liegt und in den Himmel schaut, dann spielt er auf einer kleinen Pfeife. Dieses Pfeifchen liebt er, weil es ganz unterschiedliche Töne hervorbringen kann. Sie locken sanft, warnen schrill und hüpfen lustig. Die Tiere mögen seine Pfeife und verstehen, was der Junge mit ihr ausdrücken will.

Eine alte jüdische Geschichte aus Osteuropa erzählt von dem Jungen. Wenn sein Vater ins Bethaus geht, darf der Junge meistens zuhause bleiben. Besonders an den hohen Feiertagen mit ihren endlosen Gottesdiensten. Jetzt ist er jedoch 13 Jahre alt geworden. Von nun an gelten die religiösen Vorschriften auch für ihn. Der Versöhnungstag wird gefeiert, der höchste Feiertag der Juden. Der Junge muss nun fasten, wie alle anderen auch. Aber wird er sich daran halten? Sein Vater sorgt sich, ob er ihn alleine lassen kann. Wird er sich den ganzen Tag daran erinnern können, dass er nichts essen darf? Der Vater nimmt ihn lieber mit ins Bethaus, um ihn im Auge zu behalten.

Der Gottesdienst zieht sich in die Länge. Der Junge weiß nichts mit sich anzufangen. Seine Hand spielt mit dem Pfeifchen in seiner Tasche. Es kommt ein wichtiges Gebet, das alle mitsprechen sollen. Da hat er eine Idee. „Vater,“ sagt er, „ich habe mein Pfeifchen bei mir und will darauf singen.“ Aber der Vater erschrickt und weist den Jungen zurecht.

Wenig später kommt das nächste gemeinsame Gebet. „Vater, erlaube mir doch, mein Pfeifchen zu nehmen.“ Der Vater wird zornig und fragt: „Wo hast du’s?“ Er legt seine Hand auf die Tasche und lässt nicht los, damit der Junge nicht auf dumme Gedanken kommt.

Endlich kommt das Schlussgebet, ein besonders langes. Der Junge reißt dem Vater die Tasche aus der Hand. Nimmt das Pfeifchen und bläst aus voller Kraft hinein. Alle blicken erschreckt um sich, bis sie den Jungen mit der Pfeife im Mund entdecken. Kopfschütteln, Verwirrung, Ärger. Was tun mit dem Jungen?

Der Rabbi, der den Gottesdienst leitet, lässt sich jedoch nicht aus der Fassung bringen. Mit großer Selbstverständlichkeit setzt er sein Gebet fort. Nur schneller als sonst. Leichter, fast beschwingt. Nach dem Gottesdienst entschuldigt sich der Vater beim Rabbi. Aber der antwortet laut, so dass alle es hören: „Das ist nicht der Rede wert. Der Junge hat es mir leicht gemacht, das große Gebet zu sprechen!“

Mich fasziniert diese Antwort. Egal, ob der Rabbi den Vater nur trösten wollte oder ob er den Pfiff wirklich wie einen Weckruf empfunden hat. Wunderbar, in so einer Lage nicht eng zu reagieren. Sondern geistesgegenwärtig die Situation zu retten und niemanden bloßzustellen.

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