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Kirche in WDR 2 | 16.09.2015 | 05:55 Uhr

ertränktes Leben

Er erkennt sie nicht mehr. Nicht, weil er nicht will, sondern weil er nicht mehr kann. Ihre Gesichter, ihre Worte – bedeutungslos. Sie sollen ihn einfach in Ruhe lassen, ihn und seine Flasche.

Er ein Trinker? Ein Säufer? Was heißt das schon. Was wissen sie schon. Zu viele Jahre, zu viel Alkohol. Das hat Spuren hinterlassen. Am Körper, am Hirn, an der Seele. Aber die Flasche hilft. Immer. Um Schmerzen in der Brust, in der Seele zu betäuben.

Das Leben hat es nicht gut mit ihm gemeint. Als Kind lag er jahrelang im Krankenhaus, eine Knochenkrankheit. Eingesperrt in ein Gipsbett, das nur alle drei Monate mal zum Baden aufgesägt wurde. Vielleicht, wahrscheinlich war das schon der Anfang vom Ende. Er fand nie richtig Anschluss in der Schule, war immer der kleine, der kranke. Hat da schon gelernt, sich zu verstecken, zu wappnen gegen den Spott der anderen. Hat gelernt, Geschichten zu erfinden und zu erzählen für ein bisschen Schein von Selbstbewusstsein.

Sein Vater hat ihn abgelehnt, von Anfang an. So, als ober nicht auch sein Kind wäre. Irgendwie konnte er mit dem kranken, dem hilfsbedürftigen Sohn nichts anfangen.

Als er die Automechanikerlehre anfing kam es zum Bruch – seine Söhne seien keine Handwerker, seine Söhne seien studiert, tobte der Vater.

Bis dahin hatte er nur abends getrunken. Nun fing er auch tagsüber an, auf der Arbeit. Nach anderthalb Jahren brach er die Lehre ab. Er habe Rückenprobleme, erzählte er als Begründung und zog in eine andere Stadt. Er versuchte ein Studium, erzählte seinen Eltern, dass er ein Musterstudent sei, dass die Professoren ihn liebten, ihn und seinen Intellekt. Das Studium zog sich. Der säuft doch, sagte der Vater. Sonst nichts. Nur die Mutter nahm ihn in Schutz, glaubte ihm seine Geschichten, seine Erklärungen und Entschuldigungen. Er war immer ihr „Spatz“, ihr Gottesgeschenk. „Gott segne dich!“ sagte sie immer zum Abschied. Das fühlte sich schön an.

Nach fünf, sechs Jahren gab er das Studium auf. Er hätte ein Jobangebot, als Bauleiter in einer großen Firma. Die wollten ihn unbedingt. Die Mutter war begeistert, der Vater sagte nichts mehr.

Ein Tiefpunkt war die Haft. Wegen einem nichtbezahltem Parkticket. Er hatte die Briefe einfach nicht geöffnet, na und? Nach zwei Jahren haben sie ihn dann abgeholt, aus den ursprünglich 15€ waren inzwischen 400 geworden. 14 Tage haben sie ihn eingesperrt. 14 Tage ohne Alkohol. Das war die Hölle. Das war das einzige Mal, dass er an eine Therapie dachte. Es reichte nicht.

Vater und Mutter sind schon lange tot. Das hinterlassene Geld schon lange weg. Zum Glück haben sie ihm damals die Eigentumswohnung gekauft. Sonst wäre er wohl auf der Straße gelandet. Seine Betreuerin redet immer wieder von Therapie, von Selbsthilfegruppen.

Im Radio hat er neulich Gott gehört. Irgend so eine Kirchensendung. „Gott ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“ (Ps 34,19) Da musste er weinen. Ein zerschlagenes Gemüt, ein zerbrochenes Herz. Genau. Das war genau der Grund. Aber das hat ja nie jemand gesehen.

P.S.: 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind Alkoholkrank. Jede und jeder von ihnen hat eine Geschichte zu erzählen. Meistens ist es keine schöne. Gott schütze und segne sie.

Angeregt durch: SZ Magazin Nr. 33, August 2015, S.8ff

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