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Kirche in WDR 2 | 09.11.2015 | 05:55 Uhr

Heiliges schützen

Sie klammern sich an ein Koranbüchlein, ein Amulett oder ein kleines Kruzifix. Hab und Gut haben sie verloren, nur das nackte Leben gerettet, aber eins halten sie fest und behalten es bei sich über tausende von Kilometern. Ein Koranbüchlein, ein Amulett oder ein kleines Kruzifix. Mancher wundert sich vielleicht darüber, warum so viele Flüchtlinge gerade das aus den Trümmern mitgenommen und über tausende von Kilometern nicht mehr losgelassen haben.

Aber so verwunderlich finde ich das gar nicht. Zum Leben gehört nicht nur das pure Überle-ben, sondern auch die eigene Kultur, meine Werte, das, woran ich glaube, das, was mir heilig ist. Die IS-Terroristen in Syrien und im Irak wissen genau, warum sie nicht nur Menschen grausam umbringen, sondern auch im großen Stil jahrhundertealte Kulturdenkmäler und Zeugnisse der Religion dem Erdboden gleich machen. Menschen das Leben zu nehmen und Menschen ihre Identität zu nehmen, dient demselben Zweck: menschliche Gemeinschaft auf Dauer zu zerstören, um die eigene Herrschaft durchzusetzen.

Die Methode ist gar nicht neu. Heute vor 78 Jahren, am 9. November 1938, brannten in Deutschland die Synagogen. Der millionenfache Massenmord an den Juden folgte wenige Jahre später. Das Leben zerstören und die kulturelle Identität zerstören: das geht immer Hand in Hand. Es ist also durchaus zu verstehen, dass Menschen, die unmittelbar an Leib und Leben bedroht sind, alle Anstrengungen unternehmen, um zu retten, was ihnen heilig ist. Und man sollte vorsichtig sein mit der Frage, ob sie dort, wo schon die Kugeln fliegen und die Feuer brennen, nichts Wichtigeres zu tun haben.

Als im Jahr 2012 in Mali in Afrika islamistische Rebellengruppen die uralte Wüstenstadt Timbuktu unter ihre Kontrolle bekamen, begannen sie sofort damit, die dortigen Mausoleen und Bibliotheken zu zerstören. Timbuktu war jahrhundertelang ein Hort muslimischer For-schung und Bildung und ein Treffpunkt der Kulturen und Religionen gewesen. Mitten in Ge-walt und Terror gelang es dem islamischen Gelehrten Abdel Kader Haidara, eine ganze Bü-cherei voller wertvoller alter Manuskripte in 2.500 Kisten zu verpacken, aus Timbuktu zu schmuggeln und vor der Vernichtung zu bewahren. Was da gerettet wurde, ist ein Schatz an Zeugnissen der afrikanischen Geschichte und des arabischen Mittelalters, dem man den Na-men „Das Gedächtnis Afrikas“ gegeben hat.

Vor ein paar Wochen wurde dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein Al-Qaida-Führer mit dem Kampfnamen Abu Turab überstellt. Die Anklage lautet auf Zerstörung eines Weltkulturerbes. Es handelt sich um einen derjenigen, die in Timbuktu beteiligt waren an der Zerstörung der Zeugnisse einer jahrhundertealten Vergangenheit. Für das Rechtsbewusstsein der internationalen Gemeinschaft ist das strafwürdig. Denn die Rettung von Menschenleben und die Rettung der Symbole und Denkmäler dessen, was Menschen heilig ist – das gehört zusammen.

Ich kann die Flüchtlinge heute verstehen: Wenn ich etwas habe, was mir heilig ist, dann weiß ich, woher ich komme, zu wem ich gehöre und was mir noch Halt gibt, wenn ich alles verlie-re. Vielleicht ist es nur ein Koranbüchlein, ein Amulett oder ein Kruzifix. Aber es verbindet mich mit meiner Geschichte. Er sagt mir, wer ich bin. Dann kann ich leben, vielleicht auch an einem ganz anderen Ort.

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