Glaube per App

Mit einem Handy kann man telefonieren. Wenn es denn sein muss. Zur Not. Aber moderne Mobiltelefone – Smartphones- können noch viel mehr.

Mit einem Smartphone kann man heute fast alles machen: Spielen, arbeiten, im Netz surfen, Musik komponieren, sich ein elektronisches Bierchen genehmigen. Und sogar seinen Glauben leben. Inzwischen gibt es eine unübersehbare Vielfalt an Apps, Zusatzprogrammen für’s Handy, die das christliche Leben virtuell erleichtern.

Frühmorgens geht es los mit "Lord Jesus Widget", ein Programm, dass den User mit Glockengeläut und einem englisch gesungenen Vaterunser sanft aus dem Schlaf betet. Und wenn die Augen dann das Licht des neuen Tages erblinzeln, können sie auf dem Handydisplay Bibelverse erblicken.

Wenn die letzten Töne verklungen sind und die Gedanken verschämt zum vergangenen Abend zurückschweifen, könnte sich ein Angebot der US-amerikanischen katholischen Bischofskonferenz als hilfreich erweisen. Reuige Sünder können mithilfe einer Beicht-App ihr Gewissen erleichtern: Einen Fragenkatalog abarbeiten, die vom Programm vorgeschlagenen Bußgebete sprechen – und befreit in den neuen Tag starten. Allerdings sollte man wissen, dass auch das Tragen unzüchtiger Kleidung, die Verwendung von Kondomen sowie Selbstbefriedigung als Sünde gewertet werden, was die morgendliche Vorbereitung auf den neuen Tag unter Umständen verlängern könnte ….

Auch ersetze die elektronische „App-solution“ nicht den Beichtstuhl, lässt der Vatikan verlauten.

Vielleicht ist es daher besser, das "Christliche Dating Café" virtuell zu besuchen. Dort können Gläubige Singles ganz züchtig miteinander chatten. Und von dort ist es nur noch ein Klick zum Gebets-Twitter: Bei "Prayers to share" teilt man sein Gebet der betenden Community mit – und lädt zum Mitbeten ein. Wer zeitlich stark eingeschränkt ist, kann natürlich auch das kommerzielle Angebot „eprayer“ nutzen. Gebetsanliegen eintippen, einen himmlischen Fürsprecher auswählen – den Rest erledigt die App.

Bezahlt wird bequem mit Kreditkarte. Der Himmel akzeptiert alle gängigen.

Erbauliche Unterhaltung bietet der Bibel-Comic App, das elektronische Bibel-Memory frischt die Kenntnisse des längst verflossenen Konfirmandenunterrichts wieder auf, und eine christliche Karaoke-App animiert bei „Amazing Grace“ zum Mitsingen.

Seit 1713 werden die Tageslosungen der Herrnhuter Brüdergemeinde gedruckt. Der moderne Christ erhält sie jeden morgen auf sein Handy geschickt. Und auch die Bibel selber kann in verschiedenen Übersetzungen per App auf dem Smartphone gelesen werden. Vom Markt genommen ist inzwischen das Programm "Me so Holy", die App, bei der man sich selber zum Heiligen stilisieren konnte. Apple befürchtete Proteste und hat das Programm gesperrt.

Es gibt aber immer noch die, die mental irgendwie retro drauf sind und mit dieser Form der virtual-spirituality nicht klar kommen können oder wollen, sondern ihren Glaube lieber in der face-to-face-community ausleben wollen. Von Angesicht zu Angesicht eben. Denen zeigt der ökumenische Gottesdienstfinder der "Vernetzten Kirche" per Google-Maps-Karte, wo es in die nächste Kirche geht.

Oder Sie folgen am Sonntagmorgen einfach dem Klang der Glocken. Ganz Old-School. Vielleicht sehen wir uns dann ja. Real. Nicht virtuell.