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Kirche in WDR 2 | 22.12.2015 | 05:55 Uhr
The Corrymeela Community
Autorin: Annette Feldmann steht in der Eingangshalle. Als „Staff member“ ist es ihre Aufgabe, die neuen Gäste herzlich zu begrüßen.
O-Ton: Hi welcome in Corrymeela, come in, you can drop your bags overthere. Do you wanna a cup of tea?
Autorin: Annette Feldmann ist eigentlich Deutsche und kommt aus Dinslaken. Zurzeit arbeitet die Sechsundzwanzigjährige an der Nordküste in Irland - an einem Ort der Versöhnung: der Corrymeela Community. Eigentlich wollte sie nur ein Jahr bleiben, aber jetzt möchte sie nicht mehr weg. Der Geist von Corrymeela hat sie gepackt.
O-Ton: Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich von allen aufgenommen wurde, als wäre ich schon immer hier gewesen. ..und das ist so die Art wie ich mein Leben leben möchte und wie ich gerne arbeiten möchte, deswegen möchte ich so lange wie möglich hier bleiben und die Arbeit von Ray Davey weiterführen.
Autorin: Ray Davey ist der Pfarrer, der zusammen mit seiner Frau Kathleen Davey, die Corrymeela Community 1965 gegründet hat. Ihr Ziel war es, ein Zeichen des Friedens zu setzen, denn der Nordirland-Konflikt belastete die Politik, aber auch die Bevölkerung. Immer wieder kam es zu Kämpfen auf offener Straße. Und heute? Der offizielle Frieden ist zerbrechlich, die Gesellschaft weiterhin gespalten und die Versöhnung braucht Zeit. In Corrymeela begegnen sich Menschen, die in Belfast an beiden Seiten der sogenannten „Friedensmauern“ leben. Also Mauern, die noch heute Wohngebiete trennen.
Annette Feldmann führt die neuen Gäste dann immer über das weitläufige Gelände. Rechts ein Abenteuerspielplatz und dahinter ein fantastischer Blick auf das Meer. In der Mitte, etwas versteckt in einen Hügel gebaut, eine kleine Kapelle.
O-Ton: So wir sind jetzt an der Croi. Die Croi ist unser Ort, an der wir worship halten, wo wir morgens und abends zusammenkommen, wo wir Ruhe finden.
Autorin: "Croi" ist das gälische Wort für "Herz" und tatsächlich ähnelt das Gebäude der Form des menschlichen Herzens mit seinen unterschiedlichen Kammern, die alle ineinander fließen. Ein Ort für den „worship“, den Gottesdienst. Ein Ort des Zuhörens und des Gesprächs miteinander und zu Gott. Wir stehen draußen vor der Tür und da steht in großen Lettern: Lord make me an instrument of your peace. Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens. Das Wort PEACE, also Frieden, steht auf dem Teil der Tür, den man fassen muss, damit die Tür aufgeht.
O-Ton: Und ich glaube, es war bewusst gemacht worden, man muss nach dem Frieden greifen, aktiv und manchmal kann die Tür auch ganz schön schwer sein, da muss man schon ganz schön feste ziehen, vielleicht auch zu zweit um dann durch die Tür durch zu kommen.
Autorin: Wo Menschen sich respektvoll begegnen und miteinander austauschen, kann Frieden entstehen. Das erfahren die Mitarbeitenden in Corrymeela bei ihren Seminaren immer wieder. Einmal, so erinnert sich Annette Feldmann, kamen zwei Schulklassen auf dem Gelände an. Die einen waren Protestanten und hatten alle rote Pullover an, die anderen waren Katholiken und trugen blaue Pullover. Zunächst ging niemand auf den anderen zu, alle blieben in ihrer Gruppe…
O-Ton: Dann haben wir die Aktivitäten angefangen, mit Spielen und Teambuliding-activities, wo die Kinder sich mischen müssen und zusammen für ein Ziel arbeiten, und am Ende des Tages, nach alledem, sah man nur noch alle bunt gemischt, man sah, wie die Kinder sich mit anderen Augen auf einmal sahen.)
Autorin: Gott, mache mich zu einem Werkzeug des Friedens, dieser bedeutende Satz auf der Tür der Kapelle in Corrymeela erinnert daran, dass Frieden möglich ist. Ja, es ist möglich, sich die Hand zu reichen und Frieden zu stiften. Und ja, es lohnt sich, an der Vision des Friedens festzuhalten im Kleinen wie im Großen. Die Corrymeela Community in Nordirland ist dafür seit 50 Jahren ein Beweis!