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Kirche in WDR 2 | 22.01.2016 | 05:55 Uhr
Der Schuh drückt
Autorin: Täglich die Qual der Wahl. Soll es heute die Schnürstiefelette Toulouse sein, oder doch lieber das Modell Graz? Meine Schuhmodelle tragen klangvolle Namen. Allerdings fehlen Orte wie beispielsweise Ungaran in Indonesien. Hier wurden diese Schuhe genäht. Dietrich Weinbrenner ist gerade dorthin unterwegs und frischt schon mal seine indonesischen Sprachkenntnisse auf.
O-Ton: Selamat pagi - guten Morgen! Also so je nach Tageszeit. Selamat siang heißt so - guten Tag so Mittags. .. und Selamat malam heißt dann guten Abend oder gute Nacht.
Autorin: Dietrich Weinbrenner ist Pfarrer im Amt für Mission, Ökumene und Weltverantwortung. Er reist oft nach Sumatra, Papua und Indonesien und besucht dort die Partnerschaftsgemeinden der westfälischen Landeskirche. Er besucht aber auch Fabriken, spricht mit den Arbeiterinnen. Wo, von wem und wie wird unsere Kleidung, werden unsere Schuhe hergestellt?
O-Ton: Speziell in diesem Fall ist es so, dass ich vor zweieinhalb Jahren Dokumente bekommen habe zur deutschen Schuhfirma ARA, die in Indonesien in einer eigenen Fabrik produzieren lässt. Aber speziell aber auch für Heimarbeiterinnen.
Autorin: 2000 Menschen stellen in der Fabrik jeden Tag 8000 Schuhe her. Und dann gibt es Frauen wie Rima. Sie ist eine der über 500 Heimarbeiterinnen. Rima hockt auf dem Boden ihrer Hütte. Sie näht mit der Hand das Oberleder auf die Schuhsohle. Neun Stunden lang tut nur dies. Sechs Tage die Woche. Alle anderen Produktionsschritte finden in der Fabrik statt.
O-Ton: Es gibt große Unterschiede. Also die Fabrikarbeiterinnen haben einen Arbeitsvertrag, sie verdienen den gesetzlichen Mindestlohn. Das trifft für Heimarbeiterinnen nicht zu….Sie verdienten zu der Zeit die Hälfte des gesetzlichen Mindestlohns.
Autorin: Rima bekam 2014 für das Nähen von einem Paar Schuhe 16 Cent. Sie nähte täglich 10 Paar Schuhe. Ihr Monatslohn belief sich auf 41,40 Euro. Ihre Fabrikkolleginnen hatten dagegen den Mindestlohn von 94 Euro in der Tasche. Ein Kilo Reis kostet aber für jede Frau 96 Cent.
O-Ton: Alle große Firmen haben inzwischen auch Codes of Conduct. Also Selbstverpflichtungen, wie sie sich selbst verstehen und wie sie auch ihre Verantwortung gegenüber den Arbeiterinnen wahrnehmen. Das gibt es bei Ara auch und der ist auch gut und aussagekräftig. Aber sie wenden den nicht an für ihre Heimarbeiterinnen.
Autorin: Jeden zweiten Tag bringt Rima ihre fertige Arbeit zur Fabrik. Sie erhält dann neues Material. Die Transportkosten muss sie selbst tragen. Sozialleistungen, die ARA seinen Fabrikarbeiterinnen gewährt, gelten für sie nicht.
O-Ton: Wir haben ja eine Studie finanziert als Landeskirche zu diesen Heimarbeiterinnen. Und mit den Ergebnissen der Studie sind wir zu ARA gegangen und haben Firmengespräche geführt. Ara hat daraufhin den Lohn der Heimarbeiterinnen 30 bis 40 Prozent hochgesetzt. Das ist ja schon was.
Autorin: Auch Transporttaschen und Werkzeuge erhalten die Heimarbeiterinnen nun von ihrem Arbeitgeber. Ein Teilerfolg. Für seinen diesjährigen Aufenthalt hat er sich der Pfarrer vorgenommen:
O-Ton: Mein Ziel ist eigentlich, dass ich mal ein oder zwei Tage bei einer Heimarbeiterin wirklich den ganzen Tag bin. Wie macht die das mit Kochen? Wie macht die das mit Kinderversorgung? Heimarbeit ist ja nicht an sich schlecht. Man kann ja mit der Zeit anders umgehen…
Autorin: Für Dietrich Weinbrenner ist aber das Ziel der Gleichstellung noch längst nicht umgesetzt. Es braucht einen langen Atem, damit Menschen, die keine große Stimme haben, ihr Recht bekommen.