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Kirche in WDR 2 | 23.03.2016 | 05:55 Uhr
Judas
Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. „Ich habe es doch nur gut gemeint“, das sagen manche, wenn etwas gründlich daneben gegangen ist. Und warum? Man wollte doch nur helfen, aber im Grunde genommen hat man dem anderen etwas aufgezwungen. Gut gemeint geht schief, wenn alles nur so laufen darf, wie man selber will.
Ein Beispiel dafür ist Judas. Von ihm wird jetzt in der Karwoche erzählt, in den Passionsgeschichten. Judas ist einer der zwölf Apostel, also einer der engsten Freunde Jesu. Dennoch hat er Jesus nicht richtig verstanden. Er glaubt zwar, dass Jesus der Messias ist, der Retter Israels. Aber Judas will nicht einsehen, dass Jesus keine Macht will, ja dass er lieber leidet, absolut gewaltlos.
Jesus sagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, aber Judas denkt anders. Er will, dass Jesus sich endlich als Messias zeigt, und zwar so, wie Judas will – politisch! Kämpfen gegen die verhassten Römer. Warum schwächelt dieser Jesus so? Gott ist doch auf seiner Seite, also kann die Sache nicht schief gehen. Auf diese Weise wird Judas zum Verräter. Er denkt: Wenn Jesus den Römern gegenübersteht, dann schlägt er vielleicht zu. Dann geht es endlich los mit dem Reich Gottes.
Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Jesus wendet keine Gewalt an, ganz im Gegenteil. Kein Aufstand, keine Waffen – nichts! Er wird verhaftet, verurteilt, gekreuzigt. Und Judas merkt zu spät, wie die Sache wirklich läuft. Völlig verzweifelt, erhängt er sich selbst.
Das Böse erscheint fast immer im Gewand des Guten. Wer Böses tut, will damit ja eigentlich Gutes erreichen. Ein Dieb meint, die Welt wird besser, wenn es ihm persönlich besser geht. Ein Diktator bildet sich ein, alle Menschen brauchen ihn und seine Ideologie, denn nur er allein hat die wahre Einsicht in das Schicksal. Fundamentalisten glauben, sie erweisen der Menschheit einen heiligen Dienst, wenn sie Andersgläubige ermorden. Das Böse erscheint immer im Gewand des Guten. Wie bei Judas, der es ja eigentlich nur gut gemeint hat.
Deshalb brauche ich ein waches Gewissen. Und die Gabe der Unterscheidung. Was ist wirklich gut – nicht nur für mich, sondern auch für die anderen? Ich brauche die Einsicht: Man macht das Glück der anderen nicht ohne sie.
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