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Kirche in WDR 2 | 14.01.2014 | 05:55 Uhr
Gute Aussichten
Am Tag, an dem mein Großvater starb, löste meine Mutter ein Versprechen ein. Sie besuchte noch am selben Tag den letzten seiner gleichalten Freunde – mit einer Flasche Wein. „Schöne Grüße vom Adam, er hat es geschafft. Und er findet, du solltest darauf mit ihm anstoßen. Du hier, er vom Himmel her.“
Mein Großvater war nicht nur ein Original, dem so eine Bitte an seine Tochter in den Sinn kam, er hatte auch gut reden. Er starb nicht jung, er musste nicht durch eine schwere Krankheit durch. Und er hatte trotz mancher harten Herausforderung ein gutes Leben. Sicher auch, weil sein Naturell ihn mit einer großen Portion Optimismus ausgestattet hatte. Aber tatsächlich gehörte da wesentlich sein Glaube zu. Der war positive Grundkraft für sein Leben. Der war zum Beispiel auch für ihn als junger Familienvater in der NS-Zeit etwas, was klar gegen die menschenverachtende Ideologie Hitlers stand. Was ihm damals half, war die Verbindung zu anderen Katholiken, die auch so dachten. Sein Glaube war etwas, das frei machte und ihn sein Leben gestalten und genießen ließ. Mit einem großen Herz für seine Familie und andere Menschen.
Und dieser Glaube bedeutete für meinen Großvater eben auch, dass dieses Leben hier zwar schön und sehr lebenswert ist, aber noch nicht das Ende vom Lied. Davon war er fest überzeugt. Das war keine Vertröstung für ihn. Die hatte er nicht nötig. Dafür liebte er das Leben hier viel zu sehr. Es war für ihn eine Verheißung. Ein Bonus-Track. Eine Hoffnung. Eine gute Aussicht.
Die Selbstverständlichkeit, mit der er davon ausging, dass ihn nach seinem Sterben jemand freundlich in Empfang nahm, hat mich nachhaltig beeindruckt. Ich weiß, dass die Idee für viele einfach nur abstrus klingt: Ein Leben nach dem Tod. Wie soll das denn funktionieren.
Ich hoffe, ich kann mich eines Tages mit meinem Großvater darüber freuen, dass er Recht hatte.
