Letzte Sätze

Vor neun Jahren ist mein Vater bei einem Autounfall gestorben. Noch immer denke ich ganz oft an ihn und seinen letzten Satz.

Er hat ihn nicht mehr selbst zu mir gesagt. Meine Stiefmutter hat ihn gesagt, als sie mir mitteilte, dass er ums Leben gekommen ist.

Sie hat gesagt: Regina. Dein Vater hat dich sehr lieb. Und er ist gerade gestorben.

Natürlich hab ich in dieser Nacht unglaublich viel geweint und vor Wut geschrien, dass er tot ist. Die Trauer ist inzwischen in den Alltag übergegangen. Und mit ihr der Satz: Dein Vater hat dich sehr lieb.

Im Nachhinein frage ich mich, wie meine Stiefmutter die Kraft gefunden hat, die Todesnachricht so zu überbringen. Mit dieser Einleitung. In dieser Überzeugung.

Ich hab meinem Vater diese Liebe sein Leben lang geglaubt. Und deswegen ist es völlig stimmig, dass ich mit seinem Tod diese Zusage verbinde.

Er hat mich sehr lieb.

Das bleibt. Auch wenn er mir das nicht mehr persönlich sagen kann. Auch wenn ich ihn bei Gott erhoffe, von wo aus er mein Leben betrachtet. Manchmal sagt er den Satz dabei kopfschüttelnd, weil ich gerade Mist baue.

Manchmal sagt er ihn, während er mir in Gedanken den Rücken streichelt, weil ich grad mutlos bin. Und bei meiner Hochzeit hat er ihn bestimmt geflüstert, wahrscheinlich hat er dabei ein paar Tränen weggeblinzelt.

Bildrechte: Adam Dachis (flickr) CC BY 2.0