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Hörmal | 02.02.2014 | 07:45 Uhr
Prostitution ist keine Sünde
Autorin: Was mich an den Geschichten von Jesus immer wieder fasziniert ist, dass er sich wenig um das kümmerte, was die Leute sagten. Einmal setzt sich eine Stadt bekannte Prostituierte neben Jesus an den Tisch. Doch Jesus verurteilt die Prostituierte nicht. Er sieht ihren Glauben, ihre Taten und segnet sie. Diese alte biblische Geschichte ist gerade hochaktuell. Denn sie macht Mut bei dem Thema Prostitution neue Perspektiven zu wagen. Katharina Hontscha verfolgt die derzeitige Debatte um das Prostitutionsgesetz mit großem Interesse. Sie berät Mädchen und junge Frauen, die als Prostituierte arbeiten.
O-Ton: Im Moment gibt es viel Wirbel allein um das Prostitutionsgesetz, das vor 11 Jahren zustande kam. Und ich finde, das Gesetz ist gut, denn das gab den Frauen, die dort tätig sind als Sexarbeiterinnen wieder Rechte auch ihr Geld einzuklagen, dass sie die Arbeit legal machen können, das es nicht sittenwidrig ist. Das wurde schon damals beschlossen.
Autorin: Prostitution gesetzlich zu verbieten ist der falsche Weg!, denkt sie. Damit würde das Problem nicht gelöst, sondern illegal.
O-Ton: Ich finde das Prostitutionsgesetz müsste noch weiter geregelt werden. Diese Rolle rückwärts jetzt in der Debatte, das Prostitutionsgesetz sollte abgeschafft werden, das finde ich, geht in ganz falsche Richtung, weil die Frauen müssen sich dann wieder verstecken. Sie können dann nicht sagen: „Ich bin vergewaltigt worden von einem Mann“, weil sie würde sich strafbar machen, weil sie eigentlich als Prostituierte tätig war. .
Autorin: Statt eines Verbotes müssten die Arbeitsbedingungen- und Hygienestandards in Prostitutionsbetrieben festgelegt und überprüft werden. Viele Prostituierte haben keine Krankenversicherungen. Es sollte flächendeckend eine freiwillige Gesundheitsvorsorge für Prostituierte geben, fordert sie.
O-Ton: Dieses Klischee, dass Sexarbeiterinnen kriminelle Energien haben…das sind viele ganz tolle Frauen, mit großem Glauben und die sagen, das, was ich jetzt gerade tue, das muss ich auch mal ändern, aber ich möchte anders leben, und der Gott weiß es auch, wofür ich das tue.
Autorin: Wenn sie durch die Bordelle und Bars zieht und Prostituierten Hilfe anbietet, versucht Katharina Hontscha, die Frauen in ihrer ganz speziellen Situation zu sehen- ohne zu urteilen. Oft sind es schwierige, fast aussichtslose Lebensumstände, die dazu führen, dass sich Frauen prostituieren. So z. B. bei einer jungen Frau aus Rumänien. Ihr Vater hat Magenkrebs, kann die Familie nicht mehr ernähren. Jetzt verdient sie das Geld. In der Prostitution. In Deutschland. Damit kann sie die Infusionen und die Therapie für ihren Vater bezahlen. Aber glücklich und selbstbestimmt ist sie nicht, weiß Katharina Hontscha.
O-Ton: Ich treffe auch immer Frauen, die haben immer dabei, außer ihrem Koffer, auch ein Bild von einer Heiligen. Eine Frau sagte zu mir, die heilige Magdalene war auch eine Prostituierte, eine Hure, und Jesus hat sie auch an die Hand genommen und ich denke ich bin kein schlechter Mensch, nur weil ich als Sexarbeiterin arbeite. Ich mache das für meine Familie, weil ich momentan keine andere Möglichkeit habe.
Autorin: Prostitution ist gesellschaftlich und moralisch immer noch ein Tabu. Die Evangelische Kirche von Westfalen unterstützt Prostituierte in ihrer Suche nach einem gesunden, selbstbestimmten Leben in Sicherheit und Würde. Jesus verurteilt die Prostituierte in der Geschichte nicht. Er lehrt uns einen Perspektivwechsel. Weg von der Moral- hin zu einem würdevollen Umgang mit den Menschen – vor allem mit den Frauen.