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Kirche in WDR 2 | 06.05.2019 | 05:55 Uhr
Gute Wünsche
Es ist morgens früh an der Radstation. Ich halte
den Chip vor das Display. Die Tür öffnet sich und das Display wünscht mir: „Viel
Vergnügen“. Wie absurd! Ein Apparat, der mir Vergnügen wünscht. Manchmal finde
ich das witzig. Manchmal bin ich genervt, verdrehe die Augen, denn: Ich bin auf
dem Weg zur Arbeit im Krankenhaus. In der Regel arbeite ich gerne, ich habe
sogar Freude an dem, was ich tue. Aber ich kann nun wahrlich nicht behaupten,
dass ich mich auf meiner Arbeit vergnüge.
Aber okay. Woher soll so ein Apparat auch
wissen, was heute ein passender Wunsch für mich ist? Manchmal weiß ich ja nicht
mal selbst, was ich mir wünschen soll, was gut für mich ist. Oder ich begreife
es erst im Nachhinein und ärgere mich dann – dass ich es wieder mal nicht
rechtzeitig bemerkt habe.
Was mir manchmal hilft, herauszufinden was mir
fehlt, sind die Wünsche anderer, z.B. als es mir mal schlecht ging, da hat mir
eine Freundin
geschrieben und gewünscht,
dass mein nächster Urlaub erholsamer wird und dass ich bald wieder anfangen
kann, zu tanzen. Ich erinnere mich: Wie gut mir das getan hat.
Auch weil ich gemerkt habe, dass sie sich
wirklich Gedanken um mich macht. Dass sie mich wahrnimmt, weiß, was mir fehlt
und was ich brauche.
Manchmal helfen mir auch Wünsche, die ich eher
merkwürdig finde oder die mich nerven. Wie eben dieses „Viel Vergnügen“, das
mir der Automat an der Radstation wünscht. Denn: Diese Wünsche, die irritieren
mich, unterbrechen meinen Alltag, mein Kreisen um die ewig selben Gedanken und
das ewig gleiche Tun.
Einmal hat mir jemand, „Geduld“ gewünscht und
mir ist sofort klar geworden: Wenn ich irgendwas nicht mehr sein wollte, dann
geduldig. Ich wollte keine Sekunde mehr warten. Ich musste was ändern. Und ich
habe es dann auch endlich getan!
Manche wünschen anderen
„Gottes Segen“. Sie wünschen dem anderen, den
Beistand Gottes, seine Hilfe beim Aushalten von Dingen, die man noch nicht
ändern kann. Die noch im Werden begriffen sind, im Entstehen. Sie wünschen,
dass niemand alleine ist mit seinen Lebensaufgaben.
Abends an
der Radstation. Die Tür nach außen öffnet sich automatisch. Kein guter Wunsch
von meinem Kasten. Das erledigen die jungen Männer. Sie haben hier Arbeit
gefunden
oder machen ein Praktikum,
reparieren Räder, putzen die Räume oder stehen draußen und rauchen. „Schönen
Feierabend“, rufen sie. Sie wissen – im Gegensatz zur Maschine, wovon sie
reden. „Danke“, sage ich „wünsche ich Ihnen auch!“