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Kirche in WDR 2 | 05.07.2019 | 05:55 Uhr

Nicht einen Tag

Nicht einen Tag. Sagt er. Ich kann das gar nicht glauben. Wirklich? Nein, sagt er, nicht einen Tag.

Egal, wie ich mich anstrenge, ich kann mich an keinen Tag in meinem Leben erinnern, an dem ich wirklich glücklich war. Langsam, leise, beginnt er, zu erzählen: Von seiner Kindheit in Somalia. Als eines Nachts die Soldaten kamen. Einfach so. Sie haben die Tür eingetreten. Haben den Vater, die Mutter, den großen Bruder erschossen. Vor seinen Augen. Da war ich wohl so zehn, sagt er.

Er erzählt, wie er sich von da an ganz allein durchschlagen musste. Niemand hat sich um das Kind gekümmert. Alle hatten Angst, selber in Lebensgefahr zu geraten. Er erzählt, wie er nach langer Irrfahrt in Libyen gelandet ist. Wie er dort im Gefängnis misshandelt wurde.

Seine Geschichte ist lang. Sie handelt von Todesangst und schlimmster Gewalt. Schließlich hat er es mit einem Boot über das Mittelmeer nach Italien geschafft. Er und etwa 15 andere. Die anderen, die mit ihm auf dem Boot waren, sind auf der Überfahrt ertrunken. Darunter das Mädchen, in das er sich verliebt hatte. Und das er in Europa, in besseren Zeiten, einmal heiraten wollte. Vielleicht sehe ich sie im Paradies. Sagt er. Nein, keinen Tag war ich glücklich. Jetzt verstehe ich das. Er sieht mich an. Beginnt zu lächeln.

Aber jetzt, sagt er, jetzt wird alles anders. Ich bin in Deutschland. Jetzt bekomme ich ein neues Leben.

Jetzt kommt das Glück auch zu mir. Bestimmt! Sage ich und versuche, zurück zu lächeln.
Ich kann ihm einfach nicht
ins Gesicht sagen: Hier, in seinem gelobten Land zerstreiten sich die Menschen: Kann man sich überhaupt leisten, so einem wie ihm zu helfen?

Will man es sich leisten? Ich kann ihm einfach nicht sagen, wie viele ihn nur als fremd und als Bedrohung sehen; ihn nur allzu gern sofort wieder in sein Elend zurückschaffen würden. Ich kann es ihm einfach nicht sagen. Ich schäme mich. Vor diesem jungen Mann. Vor seiner Hoffnung. Und vor Gott. Ich erinnere mich an ein Wort aus der Bibel. Jesus sagt da: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Das habt ihr MIR getan! Jesus selbst verbindet sich mit denen, die ganz unten sind. Arm. Hilflos. Und verachtet. Er sagt: Ich bin dieser hilflose Mensch, den das Leben dir da vor deine Füße legt. Noch heute, Monate später, spüre ich das Unbehagen, wenn ich mich an diese Begegnung erinnere. Weil ich denke: Vielleicht bin ich an diesem Tag tatsächlich Jesus begegnet.


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