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Kirche in WDR 2 | 04.03.2020 | 05:55 Uhr
Gesegnet
Da steht das Brautpaar in der Mitte und alle im Raum haben Tränen in den Augen. Es ist ein zutiefst berührender Moment, niemand regt sich, es ist nur leises Schniefen zu hören. Meine Freundinnen, die seit 18 Jahren ein Paar sind, werden von einem Priester gesegnet. Er spendet ihnen und ihrer Liebe Gottes Segen.
Drei solcher Feiern von lesbischen oder schwulen Paaren habe ich seitdem miterlebt. Alle Paare wurden von katholischen Priestern oder Laien gesegnet. Jedes der Paare führt schon lange eine verantwortungsreiche, liebevolle Beziehung. Diese Segnungen berühren mich jedes Mal tief, echte Liebe verdient in meinen Augen einen Segen – egal ob sie hetero, schwul oder wiederverheiratet ist.
Mit
dem Segnen an sich hat meine Kirche auch kein
Problem: Der Segen wird neuen Häusern, Tieren, manchmal sogar Spielzeug oder
Taxis zugesprochen.
Was
mich
ärgert, ist das hier:
Wiederverheiratete, Schwule und Lesben werden in meiner Kirche nur unter der
Hand gesegnet. Katholische Hochzeiten, also zwischen Mann und Frau, werden
im
Wochenblatt oder Schaukasten
angekündigt. Genau wie Gottesdienste, in denen Haustiere einen Segen bekommen.
Wenn meine Freundinnen allerdings einen Segen bekommen, dann steht das offiziell nirgendwo. Warum? Soll verhindert werden, dass so eine Segensfeier nicht mit der katholischen Hochzeit verwechselt wird? Oder steht da vielleicht die Meinung dahinter, dass Gott damit ein Problem hätte?
Ich denke, dass Gott jeden Menschen gewollt und geschaffen hat. Auch in der Art, wie er oder sie liebt. Schwule und lesbische Paare, die die Kirche um einen Segen bitten, denen ist das wichtig. Die wissen ja, dass sich die Kirche damit schwertut. Die wissen, dass es in dieser Kirche Ehe nur Mann und Frau gibt.
Umso größer ist doch ihr Mut, trotzdem um Gottes Beistand zu bitten.
Sie entscheiden sich viel ernsthafter für diesen Schritt als manches Paar aus Mann und Frau, das für die Hochzeit einfach nur eine schöne Kirche als Location sucht.
Was
unterscheidet sie also vor Gott? Nur das Geschlecht des Menschen, den sie
lieben. Aber trotzdem geht es doch um Liebe, um Verantwortung und um die
Hoffnung, dass diese Liebe hält. Wenn Gott die Liebe ist – dann ist er für mich
auch
in all diesen gesegneten
Beziehungen und Ehen gegenwärtig.
Ich wünsche mir, dass das von meiner Kirche anerkannt wird.