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Kirche in WDR 2 | 21.12.2019 | 05:55 Uhr
Kinderwunsch
Maja macht unsere Freundin Franzi
nach: „Seit Karls Geburt ist Weihnachten wieder so zauberhaft. Wenn ich in
seine Augen sehe, dann …“ Maja verdreht die Augen, sie füllen sich mit Tränen.
Wir wissen beide, Weihnachten ist nur der
Auslöser. Dafür, dass es mal wieder weh tut, weil sich Majas größter Wunsch
nicht erfüllt: Ein Kind.
Maja und ich sind nicht die
einzigen aus unserem Freundeskreis ohne Kinder. Aber wir sind die, die es
ungewollt sind. Es gibt Sätze, die tun uns einfach verdammt weh: Bei mir ist es
der Satz: „Es ist nie der richtige Zeitpunkt, um ein Kind zu kriegen.“ Als
hätte ich das Kinderkriegen leichtfertig verpasst. Als sei es meine Schuld.
Mit Ende dreißig dazustehen und keine Familie
zu haben.
Maja, ich und viele andere Frauen und Männer wissen: Man kann sich heute zwar gegen Kinder entscheiden, aber nicht dafür. Man kann Kinder nicht machen. Nicht mal mit Liebe. Kinder sind ein Geschenk. Vielleicht weiß man das erst, wenn man sie nicht bekommt.
Bei Maja ist es wohl eher ein Männerthema. Bei mir ist das anders. Als ich 15 war, hat man mir gesagt: mein Körper sei dafür nicht gemacht. Unser Schmerz aber ist ähnlich. Was haben wir nicht alles versucht, um ihn zu lindern. Oft ist unser Leben voller Spaß und Sinn und Lachen. Und doch ist unser Kinderwunsch immer da.
Maja hat immer wieder einen
Partner mit Kinderwunsch gesucht. Und ich bin immer wieder bei
Kinderwunschzentren gewesen, habe Tabletten geschluckt, Pflegekinderseminare besucht.
Und es geht immer weiter. Immer wieder
gibt es neue medizinische Erkenntnisse, Möglichkeiten. Jüngst haben Maja und
ich uns mit Social Freezing beschäftigt.
Maja hat sich entschieden: „Mein nächster Urlaub fällt aus. Ich spritze mir
zwei Wochen lang Hormone, lasse mir ganz viele Eizellen entnehmen und lasse sie
Schock gefrieren.“ Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das will. „Um dann
irgendwann meine Eizellen befruchten lassen und sie dann nicht ALLE
auszutragen?“ Ich habe ein komisches Gefühl, für gefrorene Embryonen
verantwortlich zu sein. Für beginnendes Leben, das nie eine Chance bekommt, zu
leben. Und das, obwohl ich glaube, dass immer Gott entscheidet, welches Kind
entsteht und lebt.
Maja wischt ihre letzte Träne weg: „Warum muss Weihnachten überhaupt ein Familienfest sein? Noch dazu mit Kindern?“
Und ich sage: „Muss es doch gar nicht. Jesus war ein Kind, aber er HATTE keine.“
Maja verdreht wieder die Augen: „Sag das mal meinen Eltern!“
„Nein“, sage ich und nehme sie in
den Arm. „Aber ich wünsche dir viel Verständnis, wenn du ihnen erklärst, warum
du Weihnachten nicht mit ihnen feiern möchtest.“
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius