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Kirche in WDR 2 | 28.11.2020 | 05:55 Uhr
Gott von Ferdinand von Schirach
Es gibt Filme, über die
denke ich Tage später noch nach. In dieser Woche lief wieder so ein Film in der
ARD – und
steht noch in der Mediathek:
„Gott“ von Ferdinand von Schirach. Darin geht es um Leben und Tod...
Meine Namen und Herren, darf ich um Ruhe bitten. Ich eröffne die heutige Sitzung des Ethikrates. Ganz herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind. Es geht um folgenden Fall: Richard Gärtner hat beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine tödliche Dosis Natriumpentobabital beantragt. Das ist ein Medikament, das in anderen Ländern von Sterbehilfeorganisationen eingesetzt wird.
Der Film diskutiert hochkontroversen Fragen: Wem gehört unser Leben? Wer darf darüber entscheiden, ob und wie es endet?
Können Sie uns bitte schildern, worum es eigentlich geht? Ich will sterben. Warum? Sie sind doch nicht krank, oder? Nein, nein.
Und trotzdem will Richard Gärtner seinem Leben ein Ende setzen. Mit Hilfe eines Medikaments und seiner Hausärztin. Auch sie spricht vor dem Ethikrat:
Wie stehen Sie zu dem Sterbewunsch von Herrn Gärtner? Ich möchte keine Beihilfe zum Suizid leisten. Aber ganz unabhängig davon zweifle ich auch, ob es für andere Ärzte ethisch-moralisch richtig wäre, ihren Patienten dabei zu helfen.
Vor dem Ethikrat sprechen Ärzte, Juristen und ein Bischof und da kommen ganz unterschiedliche Perspektiven auf selbstbestimmtes Sterben zum Vorschein.
Selbstbestimmung ist ein hoher Wert. Das zweifelt niemand an. Aber der Mensch ist ebenso auf Liebe, Schutz und auf Gemeinschaft angewiesen. Die gebietet es, dass wir dem Sterbewilligen nicht helfen sich zu töten, sondern dass wir ihn um den Arm fallen und versuchen, ihn davon abzuhalten. Der Suizidhelfer sagt im Grunde: Es ist richtig, dass du nicht mehr lebst. Und das ist ein furchtbarer Satz.
Am Ende des Films gibt es
ein Urteil. Das fällt aber nicht der Ethikrat, sondern der Zuschauer. Er
entscheidet, ob Richard Gärtner das tödliche Medikament erhält. Eine schwierige
Entscheidung, finde ich. Im Grunde eine Überforderung:
denn der Film zeigt gute Gründe, die dafür und
dagegen sprechen. Und ich bin froh, dass wir hierzulande Ehtikräte haben, die
sich intensiv und mit Kenntnis auseinandersetzen. Als Christ glaube ich daran,
dass das Leben ein Geschenk von Gott ist. Deshalb fällt mir die Vorstellung
schwer, dass man dieses Leben einfach so wegwerfen will. Und ich kann auch voll
und ganz verstehen, wenn Ärzte Leben retten und nicht das Leben von gesunden
Menschen beenden wollen. Und wie geht es eigentlich den Ärzten damit, auf einmal
als Tötungs-Helfer gesunde Patienten auf Wunsch umbringen zu müssen? Danach
fragt niemand. Gleichzeitig verstehe ich aber auch, wenn Menschen sich einsam
und hilflos fühlen, Angst haben oder keinen Sinn mehr für ihr Leben sehen. Aber
kann das ausreichen für eine solche Entscheidung, die man nicht rückgängig
machen kann? Ich finde nein. Denn es gibt heute für alles unzählige Hilfsangebote,
die das Leben lebenswert machen. Von Schmerztherapie über Selbsthilfegruppen
bis hin zu einer würdevollen Sterbebegleitung in den Hospizen für unheilbar
Kranke.
Für mich beginnt das aber schon
im Kleinen: Wir alle sind aufgefordert, achtsam mit unseren Mitmenschen
umzugehen. Damit Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit nicht siegen.