Aktuelles

Beiträge auf: wdr2 

katholisch

Hörmal | 17.10.2021 | 07:45 Uhr

Christo: Zeit – Kommunikation – Wille

Vor zwei Wochen bin ich mit meiner Frau nach Paris zu den Champs Elysées geeilt. Es war ein Wettlauf gegen die Wolken. Und als wir aus der U-Bahn die Stufen hoch gehechtet waren, sahen wir ihn im gleissenden Sonnenlicht: den Pariser Triumphbogen. Und er schimmerte, wie eine frisch polierte Monstranz. Jedoch in Silber, nicht in Gold. Aber dennoch: Der Anblick war zum Niederknien … atemberaubend.

Wir waren nicht die einzigen. Der ganze Platz war für den Verkehr gesperrt und an einigen Stellen war kein Durchkommen. So viele Menschen strömten hier zusammen. Und trotz der Betriebigkeit: Es lag eine fast andächtige Stille über dem Platz. Wir betraten eine Kathedrale des Staunens. – unter freiem Himmel. Und: Die Sonne lachte – also ... noch lange genug, um das Ganze in Bildern festzuhalten. Später prasselte in Paris der Regen.

Das war mein persönlicher Abschied von Christo. Ist schon komisch, das so zu sagen. Ich kannte den Mann ja nicht persönlich. Aber ich wollte dieses eine Werk von ihm noch einmal mit eigenen Augen sehen. Den silbernen Stoff berühren. Diesen letzten Gruß an die Welt, die nach Christo unverhüllter bleiben wird.

Ach, ich könnte jetzt hier viel darüber philosophieren und besonders viel theologisieren, was das mit dem Verhüllen auf sich hat: Dass Christen jedes Jahr vor Ostern das Kreuz verhüllen und dass es dadurch umso präsenter im Kirchenraum ist als sonst.

Ich könnte Parallelen ziehen zwischen Menschen, die zu Christo pilgern und Wallfahrern zu Heiligen Stätten. Ich könnte Ihnen davon erzählen, wie Stücke des silbrigen Stoffes andächtig wie Reliquien aus den Händen der zahlreichen Volontäre entgegen genommen wurden. Aber was hätten Sie davon? Was könnten Sie davon mitnehmen, heute an einem Sonntag, da der Triumphbogen in Paris wieder normal ist und Christo tot?

Als ich an den Champs Elysées stand und mich fragte, was mich über all die Jahre an diesem Künstler fasziniert hat, da waren das drei Dinge. Und ich glaube, diese drei waren Christos eigentlichen Werkstoffe: Zeit – Kommunikation – und: Wille. Diese drei hat Christo bei jedem seiner Kunst-Happenings meisterhaft ineinander verwoben, wie wenige Künstler vor ihm. Diese drei: Zeit, Kommunikation, Wille – sie sind so sehr verwoben., dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen sollte.

Fang ich doch mal an mit der Zeit. 60 Jahre brauchte der verhüllte Triumphbogen, bis er Wirklichkeit wurde. Entscheider mussten überzeugt werden, Sponsoren gefunden und auch dieser Spezialstoff musste erst einmal erfunden werden. So lange er lebte, hat Christo nahezu keines seiner Projekte aufgegeben. Er hat auf Zeit gespielt; er hat mit der Zeit gespielt. Er konnte warten. Er hatte ein Gefühl für Timing, für den richtigen Moment, dann am Ende aber auch zuzuschlagen, wenn die Stunde gekommen war. Beim Triumphbogen war seine letzte Stunde schon gekommen – so reichte dieses Werk über sein Leben hinaus. Aber: Wenn wir mal bedenken, für welche Ziele wir uns eine Zeit von, sagen wir ruhig einmal: 60 Jahre geben. Wir sind es doch gar nicht mehr gewöhnt: warten zu können. Manche Ambition aber braucht Zeit. Denn: Alles hat seine Zeit.

Und da wäre auch schon der zweite „Werkstoff“ genannt: die Ambition, der Wille. Dieser hat mich bei Christo eigentlich am meisten beeindruckt. Jedes seiner Werke ist eine Manifestation des Willens. Dieser ist zutiefst individuell. Es gibt keinen kollektiven Willen. Jeder Wille zählt und der Wille kann auch keinem aufgezwungen werden – denn er hat mit Freiheit zu tun. Damit Christo aber seinen Willen ins Werk setzen konnte, musste er davon sprechen, will heißen am Ende: ging es um Kommunikation.

Da war nicht nur seine Frau Jeanne-Claude, mit der er seine Verhüllungen entwickelte und besprach. Sie starb früher als er. Allerdings hatten die beiden sich derart vereint in ihrem Wollen, dass wie eine Einheit wahrgenommen wurden. Und sie beide waren Meister der Kommunikation: mit Spezialstoff-Herstellern, ebenso wie mit Politikern – mit Kunstverlagen wie mit Volontären. Denn es gehörte zu ihren Installationen, dass immer Menschen vor Ort waren, um diese zu erklären.

Und jetzt? Sind Christo und Jeanne-Claude Geschichte. Michelangelos behauenen Marmorklotz können Sie noch in Florenz als „David“ bewundern. Van Goghs Sonnenblumen welken nicht in zahlreichen Museen weltweit. Er Triumphbogen von Paris war am 4. Oktober wieder normal. Christos Kunst gab es immer nur für eine bestimmte, eine endlich Zeit. Wie das Leben an sich. Was will uns der Künstler damit sagen? Das Leben ist kurz: mach was draus.

katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
katholisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen
evangelisch
Abspielen