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Hörmal | 01.11.2021 | 07:45 Uhr

Dem Tod entflattern

Es ist eines der erstaunlichsten Naturwunder dieser Erde: Heute werden in Mexiko die Monarchfalter erwartet, die sogenannten Mariposas[1]. Viele Millionen von diesen orangefarbigen Schmetterlingen haben vor Wochen die Reise aus Nordamerika begonnen. 4.000 Kilometer sind sie geflogen. Und, als hätten sie eine innere Uhr: Heute treffen sie im mexikanischen Hochland ein. Heute ist Allerheiligen. Und in Mexiko heißt dieser Tag der „Dia de los Muertos“, der Tag der Toten. Und weil an diesem Tag in einigen Regionen die
Bäume übervoll sind mit Monarchfaltern, nennt man sie auch die „Seelen der Toten“.

Ich kann gar nicht beschreiben, wie schön ich dieses Bild finde: Die Seelen der Geliebten– zerbrechlich und anmutig wie ein kleiner Schmetterling im Wind. Wenn es so etwas geben sollte wie einen Gruß aus dem Jenseits – dann ist dieses Naturspektakel der „Mariposas“ aus Mexiko so etwas.

Und wenn es ein Volk gibt, das den Tod in gebührender Form feiert, dann sind es die Mexikaner. Dort blüht heute das Leben auf den Gräbern. Es gibt Musik, Gesang, Tanz, reichlich Essen, reichlich Blumen – orange wie die Schmetterlinge – und ja, auch: reichlich Alkohol.

Hier in Deutschland herrscht auf den Friedhöfen ja gemeinhin Grabesruhe. Und das schätze ich auch – denn ich habe gerade in der Corona-Krise den Kölner Nordfriedhof für mich entdeckt. Der ist einen Steinwurf von meiner Wohnung entfernt. Aber wenn ich darüber spaziere, sehe ich auch: es herrscht nicht nur Grabesruhe, der Friedhof selbst scheint auszusterben. So viele Brachflächen gibt es mittlerweile. Nur noch wenige wählen die Erdbestattung und man muss es so sagen – das weiß ich von befreundeten SeelsorgerInnen: So viele sterben heute allein.

Den Tod, so scheint mir, haben wir hierzulande nahezu outgesourcet. Sterben gehört nicht zum Leben, sondern ist etwas, mit dem man möglichst nicht kontaminiert werden möchte – daher hat das Sterben wenig Platz im Leben und der Friedhof immer weniger Gräber. Ob das alles so gesund ist? Die Mexikaner feiern den Tod. Sie schauen ihm ins Auge. Sie wünschen ihn, weiß Gott, nicht schnell herbei. Aber: Sie umarmen ihn, weil er zum Leben dazu gehört. Wie einst der Heilige Franziskus dichtete: „Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester, den leiblichen Tod; kein lebender Mensch kann ihm entrinnen.“

Entrinnen … entflattern … hier bin ich wieder bei den „Mariposas“, den Schmetterlingen in Mexiko, die heute dort eintreffen nach ihrer Reise. Früher gab es allerorten sogenannte „Memento mori“-Kunst. Also etwas, das geschaffen wurde, um den Menschen daran zu erinnern, dass er sterblich ist. Für die Mexikaner sind es die Schmetterlinge. So fragil und zugleich so schön. Und ich finde den Gedanken sehr tröstlich, dass wir einst gewandelt sein werden, wie eine Raupe in einen Schmetterling und entflattern von dieser, unserer Erde. So dass in diesem Moment großen Schmerzes und Trauer dennoch eine Schönheit steckt, die etwas vermittelt von der Größe und Zerbrechlichkeit des Lebens.

[1] https://www.sueddeutsche.de/reise/mexiko-die-unbeirrbaren-1.3348762

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