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Kirche in WDR 2 | 30.04.2022 | 05:55 Uhr
Kinoverkündigung
„Und was willst du jetzt machen? – Ich mach' mich selbstständig. Weil ich habe keinen Bock mehr, mir immer irgendwas von irgendwem sagen zu lassen. – Selbstständig. – Ja. – Aber dafür braucht man doch Geld, oder? Von welchem Geld denn? – Das weiß ich auch, dass man dafür Geld braucht. Ich leih mir das Geld.“
In der Lebensmitte, vor allem bei Männern, gibt es
diese Phasen: Da schmeißt man alles hin, verlässt die Frau und will nochmal neu
anfangen. Bei dem Mann, von dem dieser Film erzählt, ist das auch so. Nur bei
ihm kommt noch dazu: Er ist ein narzisstisches "A...". Denn das Geld will er
sich von seinem guten Freund Ulf holen. Der will aber nicht.
„Hey, klar, wenn du für meine Idee nicht bürgen willst... – Ich kenne deine Idee noch nichtmal. – Das ist doch scheißegal, es geht doch hier ums Prinzip, oder? Füreinander da sein und so ein Scheiß, du kannst doch jetzt einmal für mich da sein, wenn ich dich wirklich brauche. – Ich bin immer für dich da gewesen, du hast mich in einer Tour im Stich gelassen. – Weißt du was, also so eine Freundschaft brauche ich nicht, wo ich die ganze Zeit eh nur hinterfragt werde. – Ich glaube es nicht. – Und kompromittiert. Und dann noch hinter meinem Rücken mit meiner Frau ficken.“
Seit dieser Woche läuft "Der Mann der die Welt
aß" im Kino, nach dem Theaterstück von Nis Momme Stockmann unter der Regie
von Johannes Suhm, der auch die Hauptrolle spielt. In seiner Rolle lässt er
sein ganzes Leben vor die Hunde gehen, zerstört seine Lebensgrundlage und seine
sozialen Beziehungen. Er scheint immer unter Strom, immer am Handy, er hat
keine Zeit für niemanden. Warum? Das sagt er nicht. Auf die Spitze treibst er
sich, als er seinen dementen Vater bei sich aufnimmt – und immer noch nach Geld
sucht.
„Hey Papa, was ist denn los? – Ich wollte mal mit dir reden. – Echt, halt doch mal die Schnauze und zieh dir mal was an! Was machst du denn da mit dem Blumentopf? Hey Ulf, das ist jetzt gerade ein relativ schlechter Zeitpunkt, hey, sei mal nicht so kalt, so distanziert, Mann! Denk mal an all die Zeiten, die wir zusammen erlebt haben. – Das ist jetzt was ganz Dummes. – Du hältst jetzt mal die Schnauze und zieh dir mal was an, ey!“
Es wäre jetzt sehr einfach, draufzuhauen: Da hat jemand kein Gespür für andere Menschen, sie sind ihm auch egal. Es zählt nur er selbst. Und noch nichtmal da hat man den Eindruck, dass er sich wirklich um sich selbst kümmert. Doch so einfach die Kritik fällt, so unmittelbar sieht man sich selbst in ihm: Wenn man fahrig ist, sich selbst bemitleidet oder einfach nur um sich selbst kreist.
Das Kunststück ist nicht, das alles nicht zu machen. Das Kunststück ist, da wieder rauszukommen. Mehr zu hören als zu reden. Das geht in der Regel nur schwer alleine. Es braucht andere. Und innere Größe: Die Hand, die man eben noch weggeschlagen hat, muss man erbitten, um sie zu ergreifen. Man kann nur hoffen, dass man diese Größe findet, wenn man sie nötig hat.