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Hörmal | 29.05.2022 | 07:45 Uhr

Billiges Ticket - billige Gnade?

Bald ist es ja soweit: Das 9-Euro-Ticket kommt. Einen Monat im ganzen Nahverkehr Deutschlands fahren für den Preis von einer Pommes mit Currywurst plus Kaltgetränk. Und die Debatte darum, die fand ich schon aberwitzig. Manchmal hatte ich den Eindruck, die Endzeit würde beginnen: Was, wenn plötzlich alle Bahn fahren würden? Von der Insel Sylt hört man, sie seien gar nicht „amused“ darüber, dass jetzt jede und jeder dahin fahren könnte. Was ich wirklich merkwürdig fand war, dass um ein Billig-Ticket quasi eine Luxus-Debatte losgetreten wurde: Wer hat wohin Zugang? Was, wenn alle überall hinkommen würden? Wo bleibt das Exklusive?

Und ich musste an das Reden von der „billigen Gnade“ denken in meiner Kirche. Also, dass die Gnade, die von Gott geschenkt wird, unter Wert „verkauft“ werden könnte. Und ich musste an etwas denken, das von dem verstorbenen Kardinal Meisner erzählt wird: Nämlich, dass der immer misstrauisch wurde, wenn in einer Gemeinde – aus seiner Sicht – zu viele Kinder zur Erstkommunion gegangen sind. „Die können doch gar nicht richtig katholisch sein“, soll sein Verdacht gewesen sein. Man müsse schon „richtig glauben“, um dabei zu sein. Bei Kardinal Meisner konnte ich das noch irgendwie verstehen. Der stammte aus der DDR und hat da Kirche gelebt als kleine Herde im Widerstand gegen das SED-Regime. Es gibt natürlich auch rheinisch-sozialisierte Kirchenführer, die Meisner da sofort zustimmen würden. Die wollen die katholische Kirche als eine Art Sylt des Glaubens verstehen. Als etwas, das man möglichst nur denen zugänglich machen sollte, die „richtig glauben“ – was auch immer das bedeutet. „Wo kommen wir denn da hin, wenn da jeder mitmachen kann?“, höre ich sie sprechen. Aber mit einem langen Nachhall … in leeren Kirchen. Denn die Realität ist ja: Längst will da nicht mehr jeder mitmachen, längst sind viele aus der Kirche ausgetreten, wie aus einem Bahn-Zug, der aufgrund von Verspätungen oder mangelndem Service einfach nicht mehr den Menschen hilft voranzukommen.

Die Bahn sollte die Chance des 9 Euro-Tickets nutzen, um Vertrauen zu schaffen, dass öffentlicher Nahverkehr eine wirkliche und – ja auch notwenige – Alternative ist zum Klimafresser Automobil. Guter Service und Verlässlichkeit sind hier wichtig. Bei der Kirche hoffe ich, dass die Züge noch nicht ganz abgefahren sind und sie die Menschen in ihrem Leben voranbringen will.

Heute endet in Stuttgart der Katholikentag. Und da sind weit weniger Menschen zusammen gekommen, als noch 2018 beim Katholikentag in Münster. Dass weniger kommen, hat mit Corona zu tun, aber auch mit der Kirchenlage. Dass die Menschen aus der Kirche aussteigen, das hat auch etwas zu tun mit den Verspätungen in den großen Debatten: Missbrauch, Frauenpriestertum und Zölibat. Hat aber auch ganz viel damit zu tun, dass die Kirche beim Service sicher manchmal denselben Eindruck vermittelt wie die Deutsche Bahn: wie ein selbstgefälliger Staatskonzern. Wie ich darauf komme? Ich laufe jetzt seit drei Monaten beim Bahncard-Service hinterher, um eine PIN zu bekommen, die man neuerdings braucht, um Bonus-Punkte zu sammeln. Meinen Sie, eine meiner Mails wäre beantwortet worden? Aus der Telefonschleife bin ich zweimal rausgeworfen worden mit meiner Frage. Dann war ich mal beim Bahnservice-Schalter und die Dame sagte: sie könne da nichts tun, sie sei Bahnverkehr, nicht Bahncard. Aber die könne man nicht direkt erreichen. Und dann habe ich lange mit ihr über Service gesprochen und irgendwann sagte ich, dass ich bei der katholischen Kirche arbeite. Und dann hat sie mir ihr Leid geklagt darüber, dass sie keinen Priester fand für die Beerdigung ihres Vaters – sie hätte dann einen freien Trauerredner gebucht. Tja, da musste ich der Dame vom Servicecenter leider zustimmen: Wie die Bahn müsste die Kirche jetzt eine Service-Offensive starten, damit sie wieder zugänglicher wird: bei Beerdigungen, bei der Gestaltung von Gottesdiensten, bei der Erreichbarkeit in seelsorgerischen Problemen. Da ist jetzt allerhöchste Eisenbahn.

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