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Kirche in WDR 2 | 13.08.2022 | 05:55 Uhr

Hannes der Hahn

Hätte irgendjemand es mir vor einem Jahr gesagt, ich hätte geantwortet: Du spinnst! Niemals. Und jetzt ist es doch passiert: Ich habe mir Hühner zugelegt. Sechs Hühner und einen Hahn. Hannes. Und jetzt erwische ich mich immer wieder, wie ich im selbstgebastelten Hühnerstall auf einem Höckerchen sitze und ihn einfach nur beobachte: Ah, jetzt geht er nach links. Wie der guckt! Oh, jetzt geht er nach rechts. Scharrt. Pickt.

Eigentlich ist es total langweilig in diesem Stall. Und: Hühner sind nun wirklich keine aufregenden Tiere. Und doch sitze ich stundenlang einfach nur so da und beobachte Hannes, den Hahn. Oh, jetzt geht er wieder nach links.

Meine Zeit mit Hannes ist wie ein Gegenentwurf zu dem, was Leben heute sonst bedeutet: Hektik und Schnelligkeit, Drama und Skandal überall. Krieg und Inflation. Corona. Und der Politiker hat dies gesagt: Skandal! Und dieser Filmschauspieler hat das getan: Skandal! Irgendwo auf der großen, weiten Welt ist schließlich immer etwas los, über das man sich empören kann. Und manchmal auch muss! Alles ist laut und schreit nach Aufmerksamkeit. Denn nur, wer am lautesten schreit, wird gehört. Bis der nächste schreit.

Und Hannes, der Hahn, läuft von links nach rechts. Und ich sehe zu. Zugegeben: Man kann das Weltflucht nennen. Schließlich wird die Welt nicht dadurch besser, dass man in einem Hühnerstallt hockt, sondern dass man etwas unternimmt und aktiv ist. Vielleicht aber ist es auch etwas ganz anderes: Eine Ahnung davon, dass das Leben nicht nur dann erfüllt ist, wenn man möglichst viel Aufregung in einen möglichst kleinen Zeitraum packt.

Dass man auch einfach mal nur so da sein kann. Vielleicht ist es die Ahnung, dass mehr als eine bestimmte Menge an Aufregung und Skandalen ein Leben sogar überfordert. Jesus hat einmal gesagt: „Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ (Mt 6,34) Und meint wohl eben das: Es gibt natürlich Sorgen, die du dir machen musst. Verantwortung, die du übernehmen musst. Dinge, die darauf warten, dass du dich um sie kümmerst. Weil da kein anderer ist, der das tun wird.

Aber: Es gibt auch ein „genug“. Da muss auch noch Zeit bleiben, zu leben. Einfach nur da zu sein. Mittlerweile sitze ich schon eine halbe Stunde hier auf meinen Höckerchen. Gedankenverloren. So langsam meldet sich mein Rücken und erinnert mich daran, dass es auch noch ein Leben außerhalb des Stalls gibt. Mit einem Ruhepuls knapp über der Einschlafgrenze verlasse ich meinen Beobachtungsposten, schließe die Stalltür. Und weiß, dass ich morgen wiederkomme.



Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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