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Hörmal | 11.09.2022 | 07:45 Uhr

Tanzende Bäume

Zunächst fand ich den Begriff einfach nur spannend: „tanzende Bäume“. Der ist mir über den Weg gelaufen, als ich in meinem Sommerurlaub in Litauen den Reiseführer studierte bei meiner Anfahrt auf die Kurische Nehrung. Die ist ja ein sagenhaft schöner Flecken Erde. „Die Sahara Europas“ wird sie auch genannt – weil über Jahrhunderte dort Sanddünen von der Ostsee eine ganz eigenartige Landschaft geformt haben. Um diese Landzunge wohnlicher zu machen, haben die Bewohner irgendwann Bäume angepflanzt. Denn die Dünen hatten alle Jahre lang ganze Dörfer „verschluckt“. Und so gibt es auf der Kurischen Nehrung nicht nur spektakuläre Dünen, sondern auch: Wald, Wald, Wald. Mischwald aber auch Kiefernreihen, soweit das Auge blickt – und manchmal ist dazwischen ein Elch zu sehen.

Und bei diesen Kieferreihen komme ich nun zu den „tanzenden Bäumen“. Das sind nämlich Kiefern, die aus der Reihe tanzen. Die also nicht, wie alle anderen, kerzengrade nach oben wachsen, sondern gekrümmt sind oder einen besonderen „Twist“ haben – manchmal sehen die Bäume aus, als würden sie Hula-Hoop spielen. Und als ich dann auf der Kurischen Nehrung war und mit meiner Frau durch die Wälder gewandert bin, da habe ich sie gesehen, die „tanzenden Bäume“. Und das sind zum Teil auch wirkliche „Hingucker“. Die mischen diese Armee von Kiefern ganz schön auf, die da sonst in Reih und Glied stehen. Und insofern passt der Begriff, den die Litauer dafür haben: „tanzende Bäume“.

Aber natürlich habe ich sofort gegrübelt: Wie kann das kommen, dass da hin und wieder manche Bäume aus der Reihe tanzen, zum Teil sehr ulkig? Nun, nach einem halben Tag wandern hatte ich die Erklärung für mich klar: Manche Bäume waren umgekippt auf andere drauf und hatten das Wachstum verhindert. Denn: Kiefern wachsen normalweise kerzengerade. Und erst dann habe ich begriffen, was die jungen Kiefern da für einen Überlebenskampf geführt haben müssen: gerade noch ein zartes Pflänzchen und dann legt sich da einer so quer, dass Du dir mühsam den Weg nach oben weiter erwachsen musst. Bei so ‘ner Kiefer, die da so lustig im Wald daher tanzt, muss es also in der frühen Zeit einmal ums Überleben gegangen sein
– verursacht durch andere Kiefern.

Und wie ich so durch den Wald weiter wandere, da kommt mir der Vergleich zu den Menschen: Mir fallen gleich dutzende Zeitgenossinnen und -genossen ein, die auf ihre Art aus der Reihe tanzen. Manchmal lustig, manchmal schräg, manchmal sogar leicht „bekloppt“ – „merkwürdig“ sagen wir zu solchen Menschen.

Und da ich im vergangenen Jahr eine Therapie gemacht habe, bin ich vielleicht auf diesen Vergleich gekommen. Denn da wurde auch mir klar, wo meine „Schrägheit“, meine „Beklopptheiten“ herkommen. Und bei anderen wird das nicht anders sein. Ganz oft hat das damit zu tun, was man beim „Wachsen“ so in den Weg gelegt bekommt, oft durch andere Menschen. Und es ist kein Geheimnis, dass manche Menschen einen ziemlichen Schlag vor den Bug bekommen, in der Zeit, wenn sie eigentlich Sicherheit und Geborgenheit brauchen, um erwachsen zu werden. Und dass ich mich oder andere dann hier „bekloppt“ nenne, das hat damit zu tun, dass wir ja immer gleich von den geraden Kieferreihen ausgehen, von dem normalen Leben. Anstatt diese Menschen, diese etwas verkrümmten Gewächse, so zu feiern wie die Litauer ihre tanzenden Bäume.

Übrigens ein Grund, warum für mich das Christentum eine Religion ist, mit der ich gut leben kann: Weil Jesus, ihr Religionsstifter, einen sehr guten Blick für diese etwas schrägen Menschen hatte, für die, die aus der Reihe tanzten – damals zu seiner Zeit. Vom Zöllner Zachäus, der ihm beim Einzug in Jericho vom Baum entgegenwedelte bis zur sogenannten „Ehebrecherin“: Jesus blickt immer eine Schicht tiefer. Sagt sinngemäß fast immer: „Ich sehe, was Dich so und so hat werden lassen.“ Und dann, wie eine Befreiung: „Du bist geliebt“. Das brauchen gerade diese „tanzenden Menschen“ um uns herum – glauben Sie mir. Und je öfter Sie denen das sagen: umso mehr können sie nicht nur die Verhältnisse zum Tanzen bringen.

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