Weihnachten spielen

O, Du fröhliche….Naaa? Zu welcher Gruppe gehören Sie? Die, die Weihnachten spielen oder die, die Weihnachten feiern?

Wenn Sie Weihnachten feiern, dann ist ja alles im grünen Bereich, also: im tannengrünen Bereich. Dann genießen Sie es, mit den Lieben zusammen zu sein. Und auch wenn mal kleine Reibereien kommen sollten, am Heiligabend oder sonst die Tage: Das schreckt Sie nicht, das gehört dazu. Jetzt ist Weihnachten – O, Du fröhliche.

Aber es gibt ja auch nicht wenige, für die ist Weihnachten ‘ne Prüfung. Denn da müssen sie spielen. Auf Familie. Auf glücklich. Auf erfolgreich. Oder auf gesund – körperlich, oder mental. Weil Weihnachten ja doch irgendwie immer etwas von einem Perfekten hat: das perfekte Geschenk, der perfekte Braten, die perfekte Tanne.

Und oft muss man dann einfach mitspielen, in dieser Inszenierung, die – bitte schön – auch noch perfekt sein soll. Ich selbst habe auch mal mehr, mal weniger mit Seelenschwankungen zu käbbeln. Und ich kenne dieses Gefühl von manchen Jahren zu gut, dass ich um der anderen Willen eher gut mitspiele, als dass mir wirklich nach Feiern zu Mute ist. O, Du fröhliche … ach…lasst mich am liebsten alle in Ruhe, … aber das sag ich dann nicht. Sondern futtere ein paar Spekulatius mehr und versuche mit ganz viel Kraftaufwand, mir den Rest nicht anmerken zu lassen.

Dann ist das Ganze vor allem eins: anstrengend. Vielleicht haben Sie gerade so einen anstrengenden - Heiligen Abend hinter sich. Das Jahr an sich war ja schon anstrengend genug und dann lief gestern Abend eher alles im Reservebatteriemodus. Dann brauchen Sie vielleicht schon jetzt eine Pause von dem ganzen Gespiele, das Sie sich selbst auferlegt haben oder in das andere Sie hinein gezogen haben. Dann rate ich Ihnen: So Sie gut zu Fuß sind und es irgendwie einrichten können: Gehen Sie spazieren. Jetzt gleich. Machen Sie einen Weihnachtsspaziergang. Alleine oder zu zweit. Gehen wandelt. In Bewegung sein bewegt etwas.

Und vielleicht bewegt sich dann auch noch mal Ihr Blick auf dieses Fest und all das Brimborium, der um dieses Fest gemacht wird. Denn das alles braucht es nicht. Weihnachten und Perfektion? Eigentlich ist das ein völlig anspruchsloses Fest. Also wenn wir vom biblischen Ursprung ausgehen. Es braucht noch nicht mal einen Stall, oder Ochs und Esel. Davon erzählt die Bibel nichts. Das größte Wunder – für den, der daran glaubt – die Menschwerdung Gottes, die passiert in völliger Armut. Ohne Obdach. In einem unspektakulären Ort namens Bethlehem. Diejenigen, die laut Bibel dann mitfeiern, klingen wie eine wild zusammen gewürfelte Truppe. Das ist das Setting, aus dem Krippenspiele gemacht werden – und Menschwerdung: schicksalhafter Zufall. Zufall kann man nicht spielen. Zufall passiert und im Zufall passiert meist das Eigentliche.

Weihnachten feiern oder spielen? Wer Weihnachten nur eine Rolle spielt, verdeckt, was eigentlich anliegt. Aber Weihnachten feiern, das schließt den Zufall mit ein. Feiern Sie den Zufall. Denn der Zufall ist der Feind des inszenierten Rollenspiels. Und ich würde vorschlagen: Gehen Sie einfach mal hinaus und spannen alle Sinne auf, was sich Ihnen da so zufällig begegnet? Vielleicht kommen Sie so zu Ihrem Weihnachtsmoment, wie die Jungfrau zum Kind. Manchmal sind die Bescherungen die schönsten, die wir gar nicht geplant haben, oder für die wir nichts können. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten! Und: O, du fröhliche….irgendwie.