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Kirche in WDR 2 | 25.05.2023 | 05:55 Uhr

Wir können es nicht lassen

Ich gebe zu: Ich habe etwas gezweifelt, ob ich Ihnen heute noch von einer Sache erzählen kann, die mir an Ostern passiert ist. Aber jetzt am Wochende Pfingsten kommt
und erst dann ist aus kirchlicher Sicht die Osterzeit vorbei. Und dannist so ein Rückblick vielleicht erlaubt. Deshalb also bitte kurz Kopfkino an: Es ist Karsamstag, abends, zehn vor neun. Gleich soll die Osternacht beginnen. Ein langer, fast schon kunstvoll gestalteter, aber manchmal leider auch etwas komplizierter Gottesdienst. Entsprechend nervös sind alle. Es werden noch ein paar nicht ganz klare Abläufe besprochen. Die Messdiener stellen ein paar letzte Fragen. Der Organist geht mit dem Pfarrer noch einmal die Lieder durch. Die Lektoren stimmen sich ab, wer welchen Text lesen wird – und in dieses Gewusel kommen zwei junge Menschen in die Sakristei. Körbe mit gefärbten und bemalten Ostereiern in den Händen. Die sollen nach dem Gottesdienst verteilt werden – so, wie es in meiner Wendschen Heimat in vielen Gemeinden seit einigen Jahren Brauch ist.

Was mich ein wenig überrascht: Ich kenne die beiden jungen Leute. Sehr gut sogar. Tochter und Sohn von sehr lieben und sehr geschätzten Freunden. Und ich hatte für mich abgespeichert, dass die beiden aus unterschiedlichen, für mich durchaus nachvollziehbaren Gründen ihr kirchliches Engagement– sagen wir – ein wenig reduziert hatten. Entsprechend lang hatte ich sie auch nicht gesehen. Oder vielleicht muss ich richtigerweise sagen: Nicht wahrgenommen. Denn: Jetzt stehen sie schließlich da – und haben erkennbar gearbeitet. Die zahlreichen Körbe sind schön hergerichtet und die Eier in einer Menge gefärbt und bemalt, dass sie wahrscheinlich fürs ganze Dekanat gereicht hätten.

Ich war jedenfalls einigermaßen verwundert, die beiden zu sehen. Und muss wohl auch genau so geguckt haben. Jedenfalls schauten mich die beiden an, bemerkten meine Irritation und meinten: „Weißt Du, Claudius, wir können es eben einfach nicht lassen.“

Für mich war in diesem Moment Ostern. Weil mir klar wurde: Ja – es gibt Situationen und Erlebnisse und Rahmenbedingungen in unserem Leben, die mögen wir als „Ende“ empfinden. Mit denen wollen wir endgültig abschließen. Im Privaten. Im Beruf. In der Kirche. Aber die beiden jungen Menschen haben mir an diesem Abend gezeigt: Ganz gleich, wie verfahren und aussichtlos und frustrierend das Leben auch sein mag – offensichtlich darf ich Hoffnung auf Auferstehung haben. Weil es nicht auf die Grenzen ankommt, die mir die Welt setzt – sondern auf meinen Glauben, meine Überzeugungen, mit denen ich diese Grenzen sprengen kann.

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