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Kirche in WDR 2 | 26.06.2024 | 05:55 Uhr
Nicht ganz koscher
Ich bin immer happy, wenn ich zufällig einen tollen Film im Netz oder der Mediathek entdecke - dem langweiligen Fernsehprogramm entkomme. Dieser hier geht so: Nur widerwillig reist der New Yorker Jude Ben zu seinen Verwandten nach Israel. Dort soll der Mittdreißiger endlich heiraten. Aber dann ergreift er die erstbeste Gelegenheit, der Verkupplung zu entkommen: Die einst größte jüdische Gemeinde der Welt in Alexandria in Ägypten braucht einen zehnten Mann, um das Pessachfest zu begehen. Wenn sie den nicht findet, fällt der gesamte Besitz der Gemeinde an den ägyptischen Staat.
Und wie das in Road Movies so ist, geht natürlich einiges schief. Ben bricht sofort auf, verpasst aber den Flug und muss auf dem Landweg weiter. Nicht alle Fahrgäste wollen einen orthodoxen Juden im Bus. In der Wüste Sinai werfen sie ihn raus. Ein Beduine namens Adel liest Ben mit seinem klapprigen Auto auf. So sei das Beduinengesetz, sagt Adel. Er will den gestrandeten Ben rechtzeitig zum Ziel bringen, aber vorher müssen sie noch Adels Kamel finden.
Anfangs sind der ultraorthodoxe Jude Ben und der arabische Beduine Adel etwas stereotyp gezeichnet. Aber im Lauf ihrer gemeinsamen Odyssee bekommen Sie Kontur und Tiefe.
Trotzdem: Ihre Vorurteile geraten durcheinander und manche Klischees lösen sich auf. Und dann geht es nur noch um zwei sensible Männer mit ihrer persönlichen Geschichte und dem, was sie verletzt hat.
„Nicht ganz koscher“ heißt der mehrfach preisgekrönte Film, den Arte gezeigt hat. Ein Blick in eine andere Welt. Ein kleines Märchen in diesen Zeiten, wo in Israel und Palästina nichts nach Frieden und Gerechtigkeit aussieht. Im Film raufen sich die so unterschiedlichen Männer zusammen. Helfen einander, respektieren sich. Eine Vision im Kleinen, wie es laufen könnte. Ich finde, wir brauchen solche Märchen, um die Idee zu bewahren, dass es etwas anders gibt als Krieg und Grausamkeit.
Ich bin schon lange keine Pazifistin mehr. Ungerechtigkeit und Gewalt dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Und trotzdem bleibt es ein Traum: Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Oder wie wir es in Bonn mit Beethoven sagen würden: Alle Menschen werden Brüder. Und Schwestern.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius