Beiträge auf: wdr2
Kirche in WDR 2 | 22.07.2024 | 05:55 Uhr
Rassismus
Jeder fünfte Deutsche wünscht sind in der Fußball Nationalmannschaft nur Weiße Spieler. So eine Umfrage des Westdeutschen Rundfunks. Beschämend. In Zeiten des Rechtsrucks aber nicht wirklich verwunderlich. Doch was ist mit den verbleibenden 80 Prozent? Alle antirassistisch, sauber, politisch korrekt?
Ich zumindest bin es nicht. Natürlich habe ich nichts gegen Schwarze Fußballspieler in der Nationalelf oder people of color. Aber manchmal bin auch ich rassistisch und das Schlimme ist, ich merke es gar nicht. Bei einer Ausstellung beginne ich ein Gespräch mit der Mitarbeiterin des Museums. Ihr Deutsch ist holprig, ihre Hautfarbe weiß. Woher kommen sie, frage ich ganz unverblümt. Sie - reagiert aggressiv: Warum fragen Sie? Ich schlucke. Stottere herum, suche nach einer Ausrede. Ok, verstanden. Das ist rassistisch gewesen. Ihre Antwort: Griechenland.
Mein Bekannter kommt aus Äthiopien. Seine Hautfarbe ist schwarz, seine Integration einmalig, seine Karriere bemerkenswert. Biniam sagt: Natürlich ist die Frage, wo kommst du her, rassistisch. Ich sage dann: Raten Sie mal. Und die Leute sagen meist Indien. Und ich lasse es einfach so stehen. Wo Äthiopien liegt, wissen Sie sowieso nicht.
Wenn mein Bekannter – er ist Kulturmanager - telefonisch einen Termin vereinbart, sind die Leute oft geschockt, wenn ein Schwarzer Mann hereinspaziert. Biniam sagt: Das sehe ich an ihrer Mimik. Sie trauen einem Schwarzen Mann nicht zu, Projekte erfolgreich zu managen. Vor 20 Jahren ist er als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Damals hat man Schwarze nicht in die Discotheken reingelassen. Und dem ehemaligen deutschen Nationalspieler Gerald Asamoah – er kommt ursprünglich aus Ghana – hat man Bananen ins Stadion geworfen.
Woher kommt eigentlich das Überlegenheitsgefühl der weißen Rasse. Genau, immer noch aus der Kolonialzeit, dem 18. Jahrhundert. Als die Weißen Afrika unter sich aufteilten, Millionen Afrikaner versklavten und sich an ihren Bodenschätzen bereicherten. Verdammt lang her und sitzt trotzdem so tief in unserer DNA: Das Gefühl der moralischen und zivilisatorischen Überlegenheit.
Alltagsrassismus ist eine der Folgen. Was meinem Bekannten die Kraft gibt, mit dem Rassismus klar zu kommen, ist sein Glaube. Er ist äthiopisch-orthodoxer Christ. Jedes Wochenende ist er in seiner Gemeinde in Köln. „Das ist für mich zu Hause“ – sagt er „und Therapie zugleich. Der Grund, warum ich psychisch überlebe.“ Sein Glaube an Gott. Ein Mittel gegen Rassismus. Mitten in Deutschland.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius