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Kirche in WDR 2 | 02.09.2024 | 05:55 Uhr
Gerechte Küche
„Der Eiffelturm ist eine große eiserne Dame, ein weibliches Symbol Frankreichs“, schwärmt Thierry Marx. Er ist der Chefkoch der „Madame Brasserie“ im ersten Stock des Eiffelturms.
Thierry Marx ist in Frankreich ein Star: ein Spitzenkoch mit zwei Michelin Sternen, Restaurantchef im Luxushotel Mandarin Oriental, ein sozialer Unternehmer. Er hat gehobene Astronautengerichte für die ISS entwickelt, gibt Kurse in Gefängnissen, stellt der Lebensmitteltafel „Restos du Cœur“ Rezepte zur Verfügung. In ganz Frankreich hat er Ausbildungszentren gegründet, um Schulabbrechern Perspektiven zu geben. Das hat seinen guten Grund. Ihm selbst war der Erfolg nicht in die Wiege gelegt.
Er stammt aus einfachen, ärmlichen Verhältnissen, aufgewachsen im Pariser Banlieue Champigny-sur-Marne. Als Jugendlicher treibt er sich auf der Straße herum, bewirbt sich vergeblich um eine Ausbildung zum Bäcker. Nach einem Einsatz als Fallschirmjäger im Libyen-Krieg beginnt er als Küchenhilfe und arbeitet sich ganz nach oben.
„Anfangs ging es mir darum, reich zu werden“, erzählt er. Doch als er sein Ziel erreicht hat, beginnt er sich für soziale und Umweltthemen zu interessieren. Reichtum ist schön und gut – wenn man ihn teilt. So sieht er es heute.
„Wachstum an sich ist nichts Schlechtes“, sagt Thierry Marx, „aber er muss im Bewusstsein für die Auswirkungen auf die Erde und die Gesellschaft erfolgen“. Das System lasse sich nicht zerschlagen, nur von innen verändern. Nicht radikal, sondern pragmatisch.
„Der Kapitalismus ist effizient, aber er ist nicht gerecht“, so zitiert er „einen anderen Marx, mit einem langen Bart“, wie er schmunzelnd sagt. Aber man könne den Kapitalismus gerechter machen.
Mit guter Küche zum Beispiel. Demnächst eröffnet er in Paris ein Restaurant „mit starker sozialer Ausrichtung“, ohne Trennung zwischen Küche und Speiseraum.
„Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer Speise hat, tue ebenso“ hat Jesus aus Nazareth seinen Jüngern einmal ins Stammbuch geschrieben. (Lukas 3:11)
Ob Thierry Marx aus christlicher Motivation handelt, weiß ich nicht. Das ist aber auch gar nicht so wichtig, denn er handelt, versucht – ganz im Sinne des Rabbis aus Nazareth- seinen Beitrag zu einer besseren, gerechteren Welt zu leisten.
Liebe geht durch den Magen, weiß das Sprichwort.
Da gilt auch für die Liebe zum Mitmenschen und zur Schöpfung.
Bonne appétit!
(Quelle: https://www.rnd.de/lifestyle/thierry-marx-zu-besuch-beim-starkoch-im-eiffelturm-JUCRNB3OCVDLFOZRPNT7LUJ2M4.html, zuletzt abgerufen am 26.08.24)
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius