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Kirche in WDR 2 | 21.04.2025 | 08:55 Uhr
Tanze in Frieden, Papa Buono
8 Milliarden sind wir mittlerweile auf diesem Planeten. Und das mit dem Mit-Mensch-Sein wird immer schwieriger: Kriege, Klima, Flucht und Konflikte – es gibt so viele Baustellen. Und zugleich werden so viele Brücken eingerissen zwischen Menschen – von den Mächtigen da oben; aber nicht nur da. Jetzt ist einer gestorben, der wird fehlen. Und das nicht, weil er den Titel „oberster Brückenbauer“ getragen hat, „Pontifex Maximus“. Papst Franziskus wird fehlen, weil kaum jemand ein besserer Botschafter der Mitmenschlichkeit war als er.
Auf zum Teil sehr schräge Art hat Franziskus das Mit-Mensch-Sein gelebt. Von Spontananrufen bei Menschen, die nie damit gerechnet hätten (die gibt’s auch hier in NRW), über den Besuch in einem Frauengefängnis, um den Insassinnen die Füße zu waschen, oder Besuchen in den Flüchtlingscamps am Mittelmeer, über die Versöhnungsgesten mit religiösen Führern bis dahin, dass er mal Comedians aus aller Welt zu sich eingeladen hat: Franziskus hat Kontakt gesucht. Für manchen Kontakt wurde er auch kritisiert: Z.B., dass er den Kontakt zu Putin gesucht hat und zum russisch-orthodoxen Patriarchen, „Putins Messdiener“, wie Papst Franziskus den mal lapidar genannt hat.
Apropos lapidar: Manche Äußerungen von Franziskus waren berüchtigt. Weil er sie oft mit einer Hemdsärmeligkeit herausgehauen hat, die viele in meiner Kirche nicht angemessen fanden für einen Papst. Dafür hat er mitunter Prügel bezogen. Ganz zu Anfang hat Franziskus einen Satz geschrieben: „Mir ist eine 'verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist." Der Satz mag hemdsärmelig gewesen sein, aber den werde ich behalten.
Papst Franziskus war der erste Papst, der nicht aus Europa gestammt hat. Er war Argentinier. Als er 2013 gewählt wurde, habe ich gesagt: Jetzt tanzt die Kirche Tango. Und damit hatte ich eine große Hoffnung verbunden. Aber: Die Kirche tanzt nun mal, wenn überhaupt, lieber wie in der Echternacher Springprozession: zwei Schritte vor, einen zurück. Tango ist viel unberechenbarer.
Lag es am kaputten Knie, oder einfach daran, dass Franziskus am Ende nun eben ein alter Mann war? Jedenfalls war der Schwung des Anfangs weg. Als er damals gerade zum Papst gewählt wurde und sich das erste Mal vom Balkon aus dem Kirchenvolk zeigte, da hatte Franziskus eine ungewöhnliche Bitte: „Betet für mich“ sagte er, und beugte seinen Kopf. In dieser Geste war eigentlich schon alles drin. Ein Papst, der sich selbst nicht so wichtig nimmt, aber die Menschen, mit denen er zusammen ist.
Jetzt mögen ihn Engel geleiten ins Himmlische Jerusalem…und ich hoffe, seine kaputten Knie spielen nun keine Rolle mehr. „Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit Dir nichts anzufangen“ hat der Kirchenlehrer Augustinus vor 1.600 Jahren schon gesagt: Von allen Päpsten, die mein Leben geprägt haben, mache ich mir bei Franziskus die wenigsten Sorgen, dass da oben keiner was mit ihm anfangen könnte. Ruhe, nein – tanze in Frieden, papa buono