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Sterben und Leben

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Kirche in WDR 2 | 16.10.2024 | 05:55 Uhr

Sterben und Leben

Diese Tage bin ich wieder zu einem Menschen gerufen worden, um ihn beim Sterben zu begleiten. Ich empfinde das als ein großes Privileg. Es hat viel mit Vertrauen zu tun, wenn man als Pfarrer Sterbenden und ihren Angehörigen in diesen sehr persönlichen Stunden zur Seite stehen darf.


Es sind fast immer sehr würdevolle Augenblicke, wenn Menschen das Leben auf Erden verlassen. Das war auch in diesem Fall so. Es war ein Abschiednehmen mit großer innerer Ruhe. Fast so etwas wie Erfüllung war für mich zu spüren. Was haben wir getan? Wir schweigen gemeinsam, beten, fassen uns an die Hände und fühlen uns gut miteinander verbunden. Oft ist weniger mehr.


Aber in jedem Fall sind das Augenblicke, wo die Zeit wirklich stillsteht. Und sie machen auch etwas mit mir. Mir wird neu bewusst, was im Leben wirklich zählt.


Manchmal trifft einen diese Erkenntnis auch an ganz anderen Orten ganz überraschend. Ich habe wenige Tage davor im Schaukasten einer wunderschönen Kirche an der Nordsee ein Gebet gelesen. Ich kenne den Text in verschiedenen Varianten schon lange, aber es hat mich jetzt am Sterbebett noch einmal besonderes berührt. Es heißt:


„Lieber Gott, könnte ich mein Leben noch einmal leben, lass mich bitte versuchen, noch mehr Fehler zu machen. Lass mich alberner sein, lockerer und weniger Dinge ernst nehmen.

Lass mich öfter auf Reisen gehen, bewusster Gemeinschaft leben und mehr Sonnenaufgänge auf mich wirken.

Lass mich mehr echte Probleme lösen und weniger eingebildete Nöte pflegen.
Und lass mich weniger planen, sondern viel mehr vieles dankbar genießen.“


Was für ein weises Gebet. Darunter steht noch ein Wort der Hoffnung aus der Bibel. „Gott hat euch auferweckt durch den Glauben, lebendig gemacht in Christus“ (Kolosserbrief 2, 12+13). Und zwar jetzt und hier schon. Das ist kein Wort der Vertröstung für die letzten Stunden, sondern ein Ruf ins Leben. Auf geht´s. Auferstehung kann schon mitten im Leben beginnen.


Ja, lieber Gott, ich möchte dieses Gebet hören, beten und in meinem Alltag mit Leben füllen. Das zu spüren, ist ein großes Geschenk. Aber es hängt auch an mir, mich jeden Tag neu diesem Zuspruch zu öffnen.



Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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