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Kirche in WDR 2 | 29.10.2024 | 05:55 Uhr
Liebevolle Gesten
Manchmal sind es die kleinen Gesten, die mich meinen Mitmenschen näherbringen.
Die kleinen Gesten, die mir im Alltag begegnen.
Eine Frau, die mich an der Kasse freundlich anlächelt. Die beiseitetritt, obwohl wir gleichzeitig an der Kasse angekommen sind.
Die Geste eines guten Freundes, der mir tröstend den Arm um die Schulter legt und sagt: Ich bin für dich da. Du brauchst das nicht alleine zu tragen.
Wenn ich solche liebevollen Gesten erfahre, dann möchte ich etwas zurückgeben.
Und meistens gelingt mir das, aber an manchen Tagen, da bin ich einfach nur genervt.
Da ist mein sozialer Akku leer. Dann will ich die erste in der Schlange an der Kasse sein und die heulende Freundin am Telefon nervt mich. In solchen Momenten müssen meine Freundinnen, mein Partner oder mein Arbeitskollege auch mal herhalten – bei denen lade ich dann meinen Frust ab. Ich werde dann auch mal ausfallend oder schreibe wütende WhatsApp Nachrichten, damit ich mich nicht mit mir selbst beschäftigen muss. Dann mache ich mein Gegenüber klein oder ignoriere es. Das kennen Sie vielleicht auch.
Diese Streitigkeiten und inneren Kämpfe sind manchmal so festgefahren, dass keine Bewegung - weder vor noch zurück - möglich scheint.
Allerdings scheint dem nur so zu sein, denn es gibt auch die Gesten der Vergebung.
Und Vergebung bedeutet Bewegung. Eine Geste des Zurücktretens. Zu sagen: Ich beharre hier nicht auf meinem Recht, sondern gebe Raum für was Neues.
Vergebung bedeutet für mich auch, sich selbst vergeben zu können. Denn ich bin wahrlich nicht perfekt. Ich habe Fehler und Macken, die mich teilweise selbst zur Weißglut bringen.
Ich arbeite aber an meinen Macken. Und versuche nicht zu hart zu mir zu sein, mir meine Fehler selbst zu vergeben. Denn: Wenn ich mir selbst vergeben kann, dann kann ich auch meinem Gegenüber vergeben.
Ich glaube: Dass wir vergeben können, das haben wir von Gott gelernt. Manchmal spüre ich in schwachen Momenten, dass ich trotz und gerade auch wegen meiner Fehler geliebt werde. Deshalb kann ich auch anderen Menschen vergeben und sie manchmal sogar lieben.
Durch die liebevolle Geste der Vergebung haben wir als Menschen teil an dem, was uns von Gott geschenkt wird. Gott weiß um unsere Fehler und Macken und deshalb hat er uns seinen Sohn geschickt, damit wir wissen: Mein Nächster und ich, wir sind geliebt – geliebte Geschöpfe Gottes.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius