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Hörmal | 01.11.2024 | 07:45 Uhr
Alle Antihelden: die kath. Avengers
DC oder Marvel? Wenn Sie wissen, was sich hinter dieser Frage verbirgt, kennen Sie sich aus in der Comic-Welt. Ich gestehe, mir sagten die beiden Namen lange Zeit nichts. Dass Spider-Man aus dem Hause Marvel ist und Batman zu DC gehört, hat mich insofern wenig interessiert, weil ich Comic-mäßig eher Fan war von europäischen Anti-Helden. Der Redaktions-Tollpatsch Gaston gehörte dazu oder der zwielichtige, aber nicht minder tollpatschige Isnogud – „Ich will Kalif werden, anstelle des Kalifen“.
Superhelden wie bei Marvel oder DC ziehen bei mir irgendwie nicht. Die Superhelden meiner Kindheit waren: die Heiligen. Das liegt vielleicht auch daran, dass mein Namenspatron, der Heilige Nikolaus, ein echter Stich ist im Reigen der Heiligen: Patron der Kinder, der Seefahrer, der Bäcker, der Prostituierten … Nikolaus ist im Kosmos des Katholischen wirklich ein Allrounder.
Und wie es bei Marvel mit den Avengers eine Art Allianz der Superhelden gibt, hat die katholische Kirche mit den „14 Nothelfern“ eine „Task-Force“ versammelt von Schutzheiligen gegen alles Mögliche. Am bekanntesten unter denen ist vielleicht der Heilige Blasius, dessen Segen sich Katholiken am 3. Februar einsammeln – gegen „allerlei Halskrankheiten“.
Natürlich: Je älter ich wurde, desto mehr schätze ich
„meine“ katholischen Heiligen mit einem gewissen Schmunzeln. Und ich kann
irgendwie sogar verstehen, dass Luther am Vorabend vom Allerheiligen-Fest seine
95 Thesen in Wittenberg anschlug –
auch
um einen allzu einfältigen Heiligen-Aberglauben zu stoppen. Ich empfange zwar
den Blasius-Segen, aber dessen Wirksamkeit liegt bei mir auf einer Stufe mit
der von homöopathischen Globoli.
Warum ich die Heiligen dennoch schätze: Weil sie auf eine Art, die mich noch heute rührt, meist eher Anti-Helden waren. Klar: Wer eine Kirche betritt wie den Kölner Dom, der sieht sie erhaben und erhoben auf den Säulen stehen. Und da tragen sie jeweils ihren „Signature-Gimmik“, wie Batman seine Fledermaus-Maske samt Umhang.
Ich weiß noch, wie mich bei meiner Erstkommunion die Heilige Katharina anschaute mit ihrem Rad, in der Paterskirche in Kempen. Aber: Das Rad der Heiligen Katharina ist ja keine Wunderwaffe, bei den Comic-Helden. Es ist das Folterinstrument, mit dem sie umgebracht werden sollte. Viele Heilige sind für ihren Glauben gestorben. Oft bestialisch. Diese Geschichten haben einen nicht minder großen Gemetzel-Faktor wie bei Marvel oder DC.
Aber dann gibt es eben auch die anderen Heiligen. Die nicht als heroische Märtyrer gestorben sind. Sondern, weil sie kompromisslos barmherzig waren. Ganz wichtig in meinem Heranwachsen zum Christen war z.B. der belgische Pater Damian de Veuster. Der zog in eine Lepra-Kolonie mitten im Pazifik, um für die Infizierten da zu sein. Am Ende starb er selbst an der Lepra. Damian de Veuster gilt heute, u.a. als Patron der Aids-Kranken.
Klar: nicht alle Heiligen waren so aufopferungsvoll wie Pater Damian. Und nahezu alle Heiligen, die die katholische Kirche feiert, hatten ihre Macken. Das waren eben keine Superhelden, sondern ganz oft Menschen, die in ihrer Schwachheit Stärke bewiesen haben.
Heute, an Allerheiligen, feiert die katholische Kirche diese, alle Heiligen. Sie stehen nicht für Superkräfte, sondern für die Kraft des Evangeliums: Der Botschaft der radikalen Hinwendung zu den Menschen – als Anbruch des „Reiches Gottes“, wie Jesus das genannt hat. Dafür feiere ich sie heute: Nicht im Superhelden-Umhang, sondern mit dem Mantel der Barmherzigkeit.