Beiträge auf: wdr2
Kirche in WDR 2 | 04.11.2024 | 05:55 Uhr
Florian, Günter und Regina
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist, ist das Wochenende leider auch schon wieder vorbei. Tja. Und es wird eine aufregende Woche werden, so viel ist am Montag schon klar. Denn morgen finden in den Vereinigten Staaten die Präsidentschaftswahlen statt. Und die ganze Welt fiebert dem Ergebnis entgegen. Es geht ja nicht nur um einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin. Es geht ja auch darum, ob die Demokratie die Kraft hat, auch in einer zunehmend zersplitterten Gesellschaft wie in den USA zu bestehen. Ich weiß noch genau: Als Donald Trump zum ersten Mal Präsident geworden war, bin ich am Tag drauf in eine Partei eingetreten. Ich hatte das Gefühl: Ich muss sofort etwas tun. Und der erste Impuls war: Ich will die Menschen, die ein politisches Mandat übernehmen unterstützen. Vor allem die, die sich in ihrer Freizeit politisch engagieren. Denn ohne die funktioniert kein Gemeinwesen. Kein Dorf, kein Veedel, keine Stadt. Einige von ihnen kenne ich durch meine Arbeit im Kölner Agnesviertel. In der Stadtteilkonferenz überlegen wir zum Beispiel, wo Sitzbänke für die Senioren aufgestellt werden könnten und wie die Plätze sauberer werden. Im Beirat des Bürgerzentrums denken wir gemeinsam darüber nach, wie die so wichtige integrative Arbeit des Hauses auch angesichts klammer Kassen gesichert werden kann. Und dann sehe ich all die ehrenamtlichen Politikerinnen und Politiker, wie sie mitdiskutieren, Fragen stellen und wichtige Hinweise und Ratschläge geben. Die könnten jetzt alle behaglich zu Hause auf dem Sofa sitzen, bei einem schönen Glas Wein, einer spannenden Serie oder einem guten Buch. Aber von wegen: die sitzen stattdessen in schlecht geheizten Räumen und kümmern sich leidenschaftlich um Kinderspielplätze, Mietspiegel, nicht weggeräumte Hundehaufen und Nachhaltigkeit im Stadtverkehr. Fromm gesprochen: Bei denen ist jeder Sitzungstag ein Fußwaschungstag. Immer gibt es etwas, wonach sie sich bücken, was sie anschieben, aufräumen, aufheben, entwickeln oder energisch vorantreiben. Sie sind Dienerinnen und Diener des Volkes. Ist das nicht unglaublich? Ist das nicht wundervoll? Wir machen uns das nicht immer klar. „Das muss die Stadt machen“ – dieser dumme Spruch kommt auch mir oft genug leichtfertig über die Lippen. Und dann schäme ich mich. Denn die Stadt, das Veedel, das Dorf – das sind doch wir. Und ganz ehrlich: Wenn ich beispielsweise Florian, Günter und Regina beobachte, die bei uns im Veedel und im Stadtrat Mandate haben und zudem noch in der Agnespfarrei aktiv sind, mit welcher Leidenschaft sie um das Beste in der Stadt ringen, dann geht mein Herz auf. Mal ehrlich: Ohne Menschen wie sie wäre alles nichts. Und außerdem: Demokratinnen und Demokraten wie sie erinnern auch mich in der Kirche immer wieder an ein wichtiges Prinzip Jesu. Nämlich an das von der geteilten Macht. „Bei euch soll es nicht so sein wie bei den Mächtigen, bei den Herrschenden, die ihre Macht ausnutzen und die Menschen unterdrücken“, sagt Jesus. Demokratinnen und Demokraten sorgen dafür, dass das so bleibt. Und deswegen sollten wir alle da mitmachen. Nicht nur in den Vereinigten Staaten. Nicht nur in der Kirche. Und nicht nur an einem Montagmorgen.