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Keiner soll alleine glauben

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katholisch

Hörmal | 17.11.2024 | 07:45 Uhr

Keiner soll alleine glauben

Meine Frau hat mir etwas voraus. Sie weiß, wie es sich anfühlt, eine Minderheit zu sein. Denn bis sie 10 war, ist Stephie in der DDR aufgewachsen. Und als Katholikin in Ost-Berlin war sie da Teil einer Minderheit. Klassensprecherin z.B. durfte Stephie nicht werden – weil sie Christin war und bei den FDJ-Pionieren nicht mitmachte.

Ich komme vom Niederrhein, bin rheinisch-katholisch und mein Glaube war damals fast unhinterfragt Teil jener „Ursuppe“, in der ich groß geworden bin. Als ich mit Stephie zusammengekommen bin, vor bald 24 Jahren, da hab ich sie oft gefragt: „Wie war das damals so für dich zu glauben, in der Diaspora?“

Diaspora ist das Fremdwort dafür, wenn man seinen Glauben als Minderheit lebt, in der Fremde – so das griechische Wort. Und es macht eben einen Unterschied, wenn man nicht zum Mainstream gehört, wenn man sich mitunter erklären muss für seinen Glauben, vor allem auch: Wenn man sich organisieren und etwas einfallsreich sein muss, um seinen Glauben mit anderen zu leben.

Heute wird in der katholischen Kirche der sogenannte Diaspora-Sonntag gefeiert. Und dabei sammeln die Gläubigen landauf landab Geld für die katholischen Gemeinden, die in einer Minderheitensituation leben. Und seit 175 Jahren gibt es genau hierfür ein Hilfswerk. Das ist mitunter ziemlich einfallsreich, wenn es darum geht, KatholikInnen in der Diaspora zu unterstützen.

Ich spreche vom Bonifatiuswerk[1]. Das Hilfswerk ist benannt nach dem „Apostel der Deutschen“, dem Missionar Bonifatius, und hat seinen Sitz in Paderborn, also im WDR-Gebiet. Aber es wirkt vor allem in Nord- und Ostdeutschland. Seit 50 Jahren ist das Bonifatiuswerk allerdings auch in Skandinavien und im Baltikum sehr aktiv. Immer nach dem Motto: „Keiner soll alleine glauben“. Und wie einfallsreich die beim Bonifatiuswerk sind, damit keiner alleine seinen Glauben leben muss, dafür spricht für mich eine ganz praktische Idee, die noch immer „läuft und läuft und läuft“: Ich meine die knallgelben Busse, Boni-Busse genannt. Denn was hindert gerade ältere Menschen daran, zum Gottesdienst zu gehen, wenn die nächstgelegene Kirche womöglich mehr als eine Tagesreise zu Fuß entfernt ist? Genau: Dass sie nicht mehr so mobil sind. Seit genau 75 Jahren stellt das Bonifatiuswerk Busse, damit der Kirchgang nicht an der mangelnden Mobilität scheitert. Mittlerweile organisiert es auch Lastenräder und Elektroroller. Die Idee ist eigentlich einfach, aber daher auch einfach nur genial.

Meine Frau kennt die Boni-Busse natürlich schon länger aus ihrer Zeit in Ost-Berlin. Ich habe ehrlich gesagt erst ziemlich spät einen von denen gesehen. Aber das kann sich ja ändern. So wie sich auch die Gesamtsituation ändert. Vor 2 Jahren ist der Anteil der Christen in Deutschland unter die 50-Prozent-Marke gefallen[2]. Und damit ist das Christentum rein rechnerisch in der Diaspora, also in der Minderheit.

Klar: Damit ist das hier im Rheinland noch nicht so wie in Ost-Berlin, wo meine Frau quasi alle Katholikinnen und Katholiken aus ihrer Generation kannte. Aber auch hier in Köln, wo ich jetzt lebe, wird die katholische Ursuppe dünner. Und das heißt auch hier: besser organisieren, besser erklären können, warum ich glaube. Wie gut, dass es mit dem Bonifatiuswerk schon jetzt diese Truppe gibt, die seit 175 Jahren weiß, worauf es ankommt, wenn der Glaube mehr Solidarität und Einfallsreichtum braucht. Damit auch morgen niemand alleine glauben muss.


[1] https://www.bonifatiuswerk.de/de/

[2] https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kirche-katholisch-oder-evangelisch-nicht-einmal-mehr-die-haelfte-in-deutschland-a-274e0475-fc22-4504-a8ca-963924a40651

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