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Kirche in WDR 2 | 07.01.2025 | 05:55 Uhr
Gut leben
Die Ukraine, Gaza, Israel, Syrien – unendliches Leid, sinnloses Sterben und ein Ende nicht in Sicht. Wir schauen zu – sind entsetzt - absolut hilflos. Und dann die Fragen: Bist Du für Israel oder Gaza, bist du für Waffenlieferungen in die Ukraine oder dagegen. Wir sind überfordert - total zerrissen. Und wir haben Angst – Angst vor, einem Krieg, Angst unseren Job zu verlieren, Angst vor Krankheiten.
Wie schafft man es, in diesen Zeiten psychisch gesund zu bleiben? Das fragen sich viele von uns. Die britische Psychotherapeutin Philippa Perry gibt einige Antworten in ihrem Buch: „Wie man den Verstand behält“. Weltbekannt wurde sie durch ihr Werk „Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen“. Vielleicht kennt Ihr es? Ein absoluter Bestseller.
Den Verstand behalten – trotz der vielen Katastrophen – das geht, sagt Philippa Perry, jeder kann sich seelische Gesundheit erarbeiten. Man muss sich nur fragen: Was kann ich in meinem Leben nicht kontrollieren. Und im Umkehrschluss: Was kann ich überhaupt kontrollieren? Mit anderen Worten: Was kann ich überhaupt ändern. Und dann einfach mal damit anzufangen – bei sich selbst.
Was Philippa Perry auch rät – und das werden viele von Euch schon tun – den Medienkonsum zu beschränken. Denn: Negative Geschichten emotionalisieren – das wissen wir- Sie machen uns Angst und gleichzeitig neugierig. So neugierig, dass wir immer noch mehr schlechte Nachrichten konsumieren. Sie ziehen uns regelrecht in ihren Sog – machen süchtig. Und genau das wollen die Medienmacher. Sie werden durch uns reich. Durch unsere Clicks, Aufrufe, Käufe. Und wir werden arm - arm im Geiste - unsere Sicht auf die Welt wird dadurch sehr einseitig. Und überall hört man das Gejammer: So schlecht wie uns ging es noch keiner Generation vor uns.
Das denkt übrigens jede Generation von sich, sagt Philippa Perry. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Wir sind technisch bestens ausgestattet. Maschinen waschen unsere Wäsche, die Heizung heizt von alleine, und bei tropischen Temperaturen bleibt die Milch kalt.
Uns geht es nicht schlechter! Aber was wir nicht ändern können, müssen wir eben einfach mal aushalten. Darum geht es. Und nicht den Populisten in die Arme laufen und auf ihre Heilsversprechen reinfallen.
Sich bei Profis auszusprechen über seine Ängste, seine Sorgen, kann helfen. Es muss nicht immer der Psychotherapeut sein – die Therapeutin. Auch mit einem Pfarrer, einer Pfarrerin zu sprechen, kann helfen. Der eine oder die andere wird sich freuen, wenn auch du mal vorbeischaust.
Quelle: Philippa Perry, Wie man in verrückten Zeiten nicht den Verstand verliert, Verlag Ullstein, 2024
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius