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Kirche in WDR 2 | 25.01.2025 | 05:55 Uhr
Kehrtwende
Kennen Sie das Sprichwort: Vom Saulus zum Paulus werden?
Es bedeutet, eine 180 Grad Wende zu machen.
Quasi von einem auf den anderen Tag seine Meinung zu ändern.
Das Sprichwort kommt, wie sollte es in diesem Fall anders sein, aus der Bibel.
Saulus hat vor seiner Bekehrung Christen verfolgt, dafür gesorgt, dass sie ins Gefängnis kommen. Hat Versammlungen zerschlagen und schlecht über andere gesprochen.
Eines Tages aber hat Saulus ein Erlebnis, was mit Jesus zu tun hatte. Und daraufhin beschließt er: Mein Leben muss eine andere Richtung nehmen. Alles, was ich früher an Schrecklichkeiten gemacht habe, das mache ich jetzt nicht mehr, sondern die Menschen, die ich verfolgt und ins Gefängnis geworfen habe, mit denen will ich mich nun gut stellen.
Am heutigen Tag denken wir in der Kirche an diese Kehrtwende wie Saulus zu Paulus geworden ist.
Und ich denke darüber nach und komme zu dem Schluss: Also, so einfach ist das doch nicht im echten Leben. Vom einen auf den anderen Tag jemand anders werden. Ich kann ja nicht jetzt einfach einen Buchstaben in meinem Namen ändern und bin ein neuer Mensch.
Klar wünsche ich mir das manchmal. Ich wünsche mir das auch ganz oft von anderen Leuten.
Dass sie jetzt endlich mal anfangen, umzudenken. Von Politikern wünsche ich mir das zum Beispiel, aber auch von Menschen in der Kirche, die so gerne an alten Strukturen festhalten.
Von heute auf morgen jemand anders zu sein. Das ist vielleicht in so einer Geschichte in der Bibel möglich, aber heute, im Jahr 2025, bedeutet das viel Arbeit.
In den knapp zehn Jahren, die ich jetzt Pfarrerin bin, bin ich einigen Menschen begegnet, die so eine Kehrtwende wie Paulus erlebt hatten. Menschen, die durch ihren neu erwachten Glauben viele Sozialkontakte verloren haben und plötzlich alleine dagestanden haben.
Und wie gut ist es da, dass es noch Gemeinden gibt, wo solche Menschen hingehen können. Das macht die Kehrtwende etwas erträglicher
Von Paulus weiß ich nicht, ob er viele Freundschaften verloren hat, als er vom Saulus zum Paulus geworden ist. Man kann es nur vermuten. Aber er hat sich nicht abbringen lassen und hat ein neues Netz gefunden, in dem er sich sicher und wohl gefühlt hat.
Auch wenn Kehrtwenden einiges an Kraft und Mut kosten und auch sicherlich mit Verlusten einhergehen, macht mir die Geschichte von Saulus zu Paulus doch Mut, weil sie mir zeigt: Es geht immer auch anders und manchmal braucht es dazu eben einen göttlichen Schubser.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius