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Hörmal | 16.02.2025 | 07:45 Uhr
Heute ein Bürger
„Gestern ein König“: In Duisburg gab es gestern Freibier. Alle, die vorab im Bezirksamt Mitte schon ihre Stimme für die Bundestagswahl abgegeben hatten, denen hat die Stadt Duisburg gestern ein Bier ausgegeben. Die Aktion sollte helfen, dass die Duisburger zur Wahlurne gehen. Denn bei der Bundestagswahl 2021 hatten in Duisburg die Nichtwähler die klare Mehrheit – mit 31 Prozent.
Dass die Biermarke, die dabei ausgeschenkt wurde, ausgerechnet den „König“ im Namen trägt, also einen Monarchen, das ist dabei eine kleine Ironie dieser Lokal-Geschichte. Ein „Bürgerbräu“ wäre doch für den Anlass besser gewesen.
Immerhin ist es ja das Wort „Bürger“, welches die Menschen in einer Demokratie bezeichnet. Anders als in der Monarchie kommt es eben nicht nur an auf „die da oben“, auf den König und den Adel. In der deutschen Demokratie haben alle Wahlrecht, die volljährige Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik sind. Die Bundestagswahl, der Wahltag, ist also eigentlich nicht nur ein Fest der Demokratie, es ist auch das Bürgerfest. Unser Bürgerfest.
Nur: was, wenn wie in Duisburg bei der letzten Bundestagswahl ein Drittel einfach nicht wählen geht? Ab wann kippt das dann mit unserer Demokratie? Was ist zu tun?
Ich würde lügen, wenn ich jetzt einen flammenden Wahl-Aufruf halten würde, ohne zuzugeben, dass ich mich mit diesem Wahlkampf so schwer tue, wie noch mit keinem seit meiner ersten Bundestagswahl, 1998. Irgendwie komme ich nicht in Stimmung für meine Stimme bei der Wahl. Die Plakate in den Straßen erscheinen mir austauschbar. Ich persönlich kann nur schwer ertragen, wie durch die Migrationsdebatte Nebelkerzen geworfen werden, um von den eigentlichen, den riesigen Fragen abzulenken: Wie wollen wir in Deutschland Frieden und Wohlstand erhalten? Wie wollen wir uns als Land neu erfinden angesichts vom Klimawandel – in der Natur und in der Weltpolitik?
Wie bringen wir die nächste Generation dazu, optimistisch in die Zukunft zu blicken und die deutsche Vergangenheit nicht aus dem Blick zu verlieren?
Ja, ich tue mich schwer. Aber: Das gehört auch zur Demokratie. Keiner hat je behauptet, die Demokratie sei die einfachste aller Regierungsformen. Aber es ist die, bei der jede Stimme zählt - auch meine. Und wenn auch ich gerne mal über „die Politiker“ schimpfe: Ich habe großen Respekt vor all den Männern und Frauen, die sich für unsere Demokratie einsetzen. Die in Ortsausschüssen sitzen und um den Sozialhaushalt ringen. Die in oft langwierigen Planungsverfahren dafür sorgen, dass unsere Infrastruktur nicht vollkommen zerbröselt. Die in oft kleinen Schritten etwas bewegen wollen – für ihre Stadt, für unser Land.
Wenn wir Wahlberechtigten denen nur unsere Lustlosigkeit um die Ohren hauen: Wen wundert es dann, dass immer weniger sich einbringen wollen für unsere Demokratie? Wen wundert, wenn unsere Demokratie weniger wehrhaft ist gegenüber denen, die nur darauf warten, dass unser Demokratiemuskel erschlafft?
Dabei drückt sich mit jeder Wahl etwas ganz Wichtiges aus: Gemeinsinn Und den haben Christen ins Stammbuch geschrieben bekommen. Durch niemand anderen als dem Propheten Jeremia aus der Bibel. Der sagt (Jeremia 29,7): „Suchet der Stadt Bestes. Betet für sie zum Herrn. Wenn es den Menschen dort gut geht, so geht es auch euch wohl.“
„Gestern ein König?“ Nein: „Heute ein Bürger“ – das hoffe ich, das das möglichst viele Menschen hierzulande fühlen, wenn sie nächste Woche wählen gehen. Und ich hoffe sehr: Auch Sie sind dann dabei.