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Hörmal | 02.03.2025 | 07:45 Uhr
Karneval: Trotz-Lachen
Es ist Karneval. Die Wagen der Karnevalszüge stehen in den Startlöchern. Die Kostüme liegen bereit, ebenso die Taschen zum Sammeln der Kamelle. Aber schmecken sie in diesem Jahr überhaupt wie sonst? Oder haben sie einen bitteren Nachgeschmack? Darf ich feiern und Spaß haben, während so viele Menschen – in nah und fern – unerträgliches Leid ertragen müssen?
Mir hat jemand von einem alten Mann in der Ukraine erzählt. Er ist Clown von Beruf. Wenn in seinem Ort die Sirenen heulen und die Menschen in die Luftschutzkeller flüchten, dann schnappt er sich seine rote Clownsnase. Unten im Keller, während alle zusammengepfercht auf Entwarnung warten, spielt er Theater. Erst nur für die Kinder. Doch dann merkt er: Auch die Erwachsenen brauchen es. Das ist kein naives Verdrängen, kein Weglachen der Realität. Es ist ein Trotz-Lachen. Ein Mut-Lachen. Ein Hoffnungs-Lachen. Lachen – das funktioniert nicht über den Kopf, sondern es kommt tief aus unserem Inneren. Lachen ist uns in die Wiege gelegt. Wir erfahren schon als Babys: Wenn die Mutter kurz aus dem Sichtfeld verschwindet, bedeutet das nicht, dass sie für immer weg ist. Sie kommt zurück – und lächelt. Immer wieder. Und so lernen wir von Anfang an: Ein Lächeln kann uns Halt geben. Lachen lässt uns erinnern, dass es – über allem Schweren, allem Fürchterlichen, aller Unsicherheit – noch etwas Gutes gibt. Jemanden, der es gut mit uns meint, auch wenn es augenscheinlich nicht danach aussieht.
Hanns Dieter Hüsch fragt in seiner Übertragung zu Psalm 126:
„Was macht, dass ich so fröhlich bin, …so furchtlos, …was macht, dass ich so unbeschwert und mich kein Trübsinn hält?“
„Weil mich mein Gott das Lachen lehrt, wohl über alle Welt.“
Dieses Lachen ist kein zynisches Lachen. Kein Versuch, Leid einfach wegzulachen. Es ist ein Lachen, das aufrichtet. Ein Lachen, das mich erinnert: Da ist noch jemand.
Einer, der mich hält – wenn mich nichts mehr hält.
Einer, der mich trägt – wenn ich zu fallen drohe.
Einer, der mir in all dem Chaos Sicherheit gibt. Wenn ich fassungslos bin über das Leid in der Welt. Wenn ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Dann brauche ich diesen Funken Mut. Diesen Funken Leichtigkeit. Denn, um mit Hanns Dieter Hüsch zu sprechen: Das „…macht, dass ich so unbeschwert und mich kein Trübsinn hält, weil mich mein Gott das Lachen lehrt, wohl über alle Welt.“
Darum darf ich Lachen und Karneval-feiern – trotz allem und allem zum Trotz.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius