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Hörmal | 16.03.2025 | 07:45 Uhr
JOMO – Joy of missing out
Neulich lese ich wieder einmal, dass viele Menschen der jüngeren Generationen Y und Z FOMO seien. FOMO ist die Abkürzung für „fear of missing out“, also Angst haben, etwas zu verpassen.
Für einen kurzen Moment freue ich mich, doch jünger zu sein, als ich aussehe. Denn das kenne ich gut, Angst, etwas zu verpassen. Es betrifft also nicht nur junge Leute, aber sie wohl am meisten. Warum ist das so? Ihr Jahr hat genau - wie alle anderen Jahre vorangegangener Generationen - 31.536.000 Sekunden. Das weiß ich so genau, weil ich als Jugendliche im Theaterstück „Momo und die Zeitdiebe“, in der Rolle eines grauen Herrn brillierte. In einem Affentempo rechnete ich auf der Bühne vor, wie viele Sekunden ein Jahr hat und wie man Zeit sparen kann.
Viele von diesen Zeitsparvorschlägen sind inzwischen technisch realisiert worden. Handys, Computer, intelligente Haushaltsgeräte und immer mehr Assistenz durch Künstliche Intelligenz helfen uns, Zeit zu sparen. Aber für was? Auf der einen Seite bekommen wir mehr Zeit, um auf der anderen Seite kurz knapp, pragmatisch, eine Menge Dinge mehr und gleichzeitig machen zu können. Und dann gibt es noch diese 24 Stunden Optionen:
Rund um die Uhr einkaufen, Nachrichten checken, arbeiten, Filme schauen, Petitionen unterschreiben, Rechnungen bezahlen. Je mehr Möglichkeiten wir haben, desto größer wird der Druck, alles mitzunehmen. Der Versuch, mehrere Leben in eines zu packen. Vielleicht steckt dahinter die Suche nach Ewigkeit.
Wer glaubt, dass dieses Leben das einzige ist, will es richtig gelebt haben. Möglichst viel in die verfügbare Zeit packen. Doch was wäre, wenn das Gegenteil hilft? Der Gegentrend heißt JOMO – Joy of missing out. Die Freude, auch mal etwas zu verpassen. Sich bewusst zurückzunehmen. Wir müssen ja nicht gleich ins andere Extrem verfallen, aber vielleicht gibt es eine goldene Mitte. In Psalm 31,16 heißt es: „Meine Zeit steht in Deinen Händen, Gott.“ Sich ab und an darauf zu besinnen, sind heilige Momente im Tagesablauf, die uns helfen.
Zeiten am Tag, die Gott gehören – und nicht der ständigen Taktung des Alltags. Sich dem Strom des Müssens hin und wieder entziehen. Das Wort Fragment kann ein Schlüssel sein. Mehr in Fragmenten leben. Auch mal Unvollendetes stehen lassen.
Vielleicht ist das auch eine gute Übung in der momentanen Fastenzeit, ab und an JOMO zu sein, Freude daran zu haben, einfach mal etwas nicht zu machen.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius