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Kirche in WDR 2 | 02.04.2025 | 05:55 Uhr
Zeit nehmen
Wir brauchen Entscheidungen! Klare Führung! Genug diskutiert, erst recht mit denen, die es ohnehin nicht verstehen. Es reicht! Denn es brennt an vielen Orten. Jetzt weiter. Und zwar schnell!
Kennen Sie das? Persönlich, privat, aus der Politik, in der Familie, am Arbeitsplatz unter Kolleginnen und Kollegen. Ich erlebe gerade eine Welt, in der viele Menschen mit ihrer Geduld am Ende sind. Aus vielen guten Gründen.
Und doch habe ich jetzt eine Bibelgeschichte, die so ganz anders tickt. Da wird von Mose erzählt, wie er Gott begegnet. An einem brennenden Dornbusch. Da steht also auch was in Flammen. Auch hier scheint Aktion gefragt, mitten in der Wüste. Gott will Mose berufen, er soll das Volk Israel endlich aus der Gefangenschaft in Ägypten in die Freiheit führen.
Tolle Geschichte, alles klar. Aber Mose zögert, er hat Bedenken. Er fragt nach. Bei diesem skurrilen Gespräch zwischen Gott und Mose habe ich mich immer gefragt: Warum macht Mose das? Warum tut er nicht einfach, was dran ist?
Langsam ahne ich das Spannende an dieser Geschichte: Im Reden, im Nachfragen erfährt Mose nämlich von Gott viel Neues. Zum Beispiel, dass er – und das gilt für jeden von uns – Gott persönlich ansprechen kann. Dass in ihm, Mose, Wunderkräfte schlummern, von denen er bislang noch gar nichts wusste. Und Mose erfährt auch, dass er mit seiner großen Aufgabe, Menschen einen Weg in die Freiheit zu zeigen, nicht alleine bleiben muss. Er wird Unterstützer finden.
Reden hilft. Nachfragen hilft. Und auf einmal bekommt Mose ein Gefühl dafür, was es heißt zu glauben, zu vertrauen. Es lohnt also zu sprechen, miteinander und mit Gott. Segensreiche Dinge brauchen eben Zeit.
„Eile hat nur der Teufel“, sagt der Volksmund. Ein kluger Satz, wenn man drüber nachdenkt. Wo sitzt der Teufel auch in mir? Wenn ich eigene Vorstellungen schnell durchsetzen will, schnell bevor andere sie hinterfragen. Oder in der Politik: Wo spielt der Teufel mit Ängsten und Sorgen? Und verspricht dann scheinheilig Lösungen, wenn man nur schnell zustimmt!
Gute Dinge brauchen Zeit, gerade, wenn es brenzlig wird, heiß und hitzig. Mose hat es vorgemacht. Er hat dann einen Weg gefunden, und viele konnten mitgehen, aus der Sklaverei in die Freiheit. Wie verheißungsvoll ist das! Aber eben mit Bedacht, mit Nachfragen und mit der Zeit, die es dafür braucht.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius