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Hörmal | 06.04.2025 | 07:45 Uhr

Verhüllungen

Dreißig Jahre ist das jetzt schon her: Da glänzte der Reichstag in Berlin wie ein gigantisches Geschenk unterm Weihnachtsbaum. Mitten im Sommer. 14 Tage hatte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude den Reichstag verhüllt. Für den besonderen Silber-Glanz waren aluminiumbedampfte Tücher verantwortlich – technisch hoch aufwendig. Ein echter Hingucker. Die Tücher waren mit Seilen abgespannt und so sah das Ganze aus wie ein geschnürtes Paket, das darauf wartet, wieder ausgepackt zu werden. 14 Tage lang ein verwandelter Blick auf den Reichstag. Der war zwar da, aber auch nicht, eben verhüllt und damit unzugänglich. Auch wenn ich selbst damals nicht vor Ort war – die Bilder habe ich natürlich gesehen und nach der Enthüllung habe ich den Reichstag mit anderen Augen gesehen. Und da war ich wohl nicht der Einzige. Die Aktion war ein riesiger Erfolg – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Was war damals passiert? Im Zentrum der ehemals geteilten und geschundenen Stadt Berlin hatte eine Verwandlung stattgefunden – zeitlich begrenzt, aber sie war passiert.

Und dass das passieren konnte, dafür hat es lange gebraucht. Bereits 1971 wächst bei Christo und Jeanne-Claude der Plan, den Reichstag zu verhüllen. Der steht damals im Niemandsland zwischen Ost- und Westberlin. Vom Krieg gezeichnet, direkt an der Berliner Mauer. Ein Freund hatte den beiden eine Ansichtskarte vom Reichstag geschickt. Und dieser Freund schlägt vor: Verhüllt doch den Reichstag. Christo und Jeanne-Claude machen sich an die Arbeit, besuchen Berlin und knüpfen Kontakte zu vielen Politikern. Aber die sind nicht alle unbedingt begeistert, sondern eher skeptisch. Dann aber fällt 1989 die Mauer. Das Projekt bekommt neuen Schub. Die Stimmung unter den Politikern hat sich gewandelt. Und nach einer leidenschaftlichen Diskussion im Bundestag entscheidet die Mehrheit, das Projekt zu realisieren. Für Christo ist das damals ein Ausdruck von „Hoffnung und demokratischer Überzeugung“[1]: Der Reichstag, zwar anwesend, aber für jeden nur verhüllt sichtbar und als Gesamtkunstwerk niemandes Besitz. Für Christo handelt sein Werk daher „von Freiheit, und Freiheit ist der Feind allen Besitzanspruchs, und Besitz ist gleichbedeutend mit Dauer. Darum kann das Werk nicht dauern.“[2] So Christo. Die Verhüllung des Reichstags damals war also: Verwandlung erleben, 14 Tage sehen, was da und doch nicht da ist, um nach der Enthüllung den Reichstag neu und anders sehen.

Gerade heute denke ich an den verhüllten Reichstag, denn ab heute werden in vielen Kirchen für 14 Tage die Kreuze verhüllt, und zwar bis Ostern. Und auch hier geht es um eine Verwandlung – und darum, diese auch tatsächlich zu erleben: Das Kreuz ist da und doch nicht da, weil es verhüllt ist. Und nach der Enthüllung, nach der Feier von Tod und Auferstehung Jesu, wird es anders gesehen. Ich verstehe das so: Das Kreuz ist ein Sinnbild für Scheitern und Tod. Auch wenn das Kreuz verhüllt ist, bleibt doch die Realität von Scheitern und Tod. Aber es kommt darauf an, wie ich es sehe und verstehe – vielleicht mit einem anderen Blick, der trotz alledem Hoffnung und Freiheit ermöglicht, wie Christos Idee vom Blick auf den verhüllten Reichstag.


[1] Vgl. Jacob Baal-Teshuva: Christo & Jeanne-Claude, mit Fotografien von Wolfgang Volz. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1995, S. 85 f.

[2] Ebd. S. 82.

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