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Kirche in WDR 2 | 15.05.2025 | 05:55 Uhr
Kirche: Mehr als ein politischer Akteur
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat kürzlich die Rolle der Kirchen in Deutschland kritisiert: Kirchen verhalten sich wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und äußern sich oft zu tagesaktuellen Themen, anstatt sich auf die grundlegenden Fragen des Lebens und des Glaubens zu konzentrieren und Menschenspirituell zu begleiten. Menschen erwarten von der Kirche Trost und Stabilität, vor allem in Krisenzeiten. Während der Corona-Pandemie habe die Kirche ihrer Meinung nach diese wichtige Rolle nicht ausreichend wahrgenommen.
Dass so viele Menschen aus
der Kirche ausgetreten sind, begründet sie unter anderem mit steigendem
Wohlstand, Ersatzreligionen und dem Ausbleiben relevanter Antworten der Kirche.
Zudem verweist sie auf die Fehler und Skandale innerhalb der
Kircheninstitutionen. Für sich selbst hebt Klöckner die Bedeutung ihres
christlichen Glaubens hervor, insbesondere den Glauben an die Wiederauferstehung
und die Hoffnung auf ein über das diesseitige Leben hinausgehendes Dasein.
Als Christinnen und Christen stehen wir vor der Frage: Wie reagieren wir auf solche Kritik? Ist die Kirche zu politisch? Oder ist es gerade ihre Aufgabe, sich in gesellschaftliche Fragen einzumischen?
Die Bibel zeigt uns, dass der Glaube nicht nur eine private Angelegenheit ist. Jesus Christus hat sich immer wieder mit den sozialen und politischen Missständen seiner Zeit auseinandergesetzt. Er hat die Mächtigen herausgefordert und sich für die Schwachen eingesetzt. In Matthäus Evangelium heißt es: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Natürlich ist es wichtig, dass die Kirche ihre spirituelle Aufgabe nicht aus den Augen verliert. Aber diese Aufgabe schließt die Verantwortung für die Gesellschaft mit ein. Die Kirche ist nicht nur ein Ort der Andacht, sondern auch ein Ort der Orientierung in einer komplexen Welt.
Wir glauben an den Gott, der uns befreit – nicht durch Abgrenzung, sondern durch Versöhnung. An den Gott, der nicht Mauern baut, sondern Brücken. Der nicht spaltet, sondern heilt. Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild. Es gibt kein „wir hier“ und „die da draußen“. Es gibt nur eine Menschheit – geliebt und getragen von Gott.
Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Schweigen in der Stunde der Not ist Sünde.“
Darum sprechen wir. Klar und friedlich. Aus dem Geist des Evangeliums
Für Mut zur Wahrheit. Für Liebe, die stärker ist als Angst. Und für Hoffnung, die keine Grenzen kennt.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius