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Hörmal | 27.04.2025 | 07:45 Uhr
Weiße Gewänder
Vor 39 Jahren bin ich ins Kloster eingetreten. Und das war wenige Tage nach dem Weißen Sonntag. Damals bekam ich nicht nur einen neuen Vornamen, also meinen Ordensnamen Philipp, sondern ich wurde auch neu eingekleidet. Nicht dass ich keine entsprechenden Klamotten zum Anziehen gehabt hätte. Nein, ich bekam ein Ordensgewand, den sogenannten Habit. Und der ist in meinem Orden weiß. Wir Prämonstratenser sehen dadurch immer ein wenig so aus wie der Papst. Und wir werden dann auch manchmal die „weißen Brüder“ genannt. Das mit dem neuen Gewand bei meinem Klostereintritt, das sollte bedeuten: Jetzt fängt etwas Neues an. Der Klostervorsteher gab mir damals den weißen Habit und zitierte dabei einen kleinen Text aus dem Neuen Testament, wo es heißt (Eph 4,22-24): „Legt den alten Menschen ab, der in Verblendung und Begierde zugrunde geht, ändert euer früheres Leben und erneuert euren Geist und Sinn! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“ Und so stand ich da – nicht in der Herrenumkleide im Kaufhaus, sondern mitten in der Kirche, zog Jackett und meine Krawatte aus- und den weißen Habit an. Diesen Habit trage ich zwar nicht immer, aber morgens im Kloster beim Frühgebet, bei offiziellen Anlässen und klar an besonderen Feiern wie an Ostern oder heute am Weißen Sonntag. Und was der Klostervorsteher damals gesagt hat, das mit dem „neuen Menschen anziehen“, das bleibt natürlich eine lebenslange Aufgabe. Mein Leben zu ändern, sprich den eigenen Geist zu erneuern, wie es in dem Bibelspruch heißt, das ist gar nicht so einfach. Ich stecke ja immer noch in meinen Klamotten. Mein Habit ist zwar weiß, aber eine weiße Weste – wie man so sagt – hab auch ich nicht.
Unser Ordensgründer, der heilige Norbert von Xanten, dachte beim weißen Habit vielleicht auch nicht so sehr an Unschuldslämmer, sondern war da ganz pragmatisch. Er nahm einfach die ungefärbte Wolle von Schafen, und die war eben mehr oder weniger weiß.
Es gibt dann allerdings noch einen anderen Bezug zum weißen Gewand. An diesen Bezug erinnert der heutige „weiße Sonntag“. Er geht weit zurück in die Geschichte des Christentums: Schon im vierten Jahrhundert – so sagen es schriftliche Quellen – wurde den neuen Christen nach der Taufe in der Ostenacht ein weißes Gewand angezogen. Das durften sie dann eine Woche lang tragen. Als Zeichen des Neuanfangs. Und der letzte Tag, an dem sie dann das Gewand getragen haben, war eben der Sonntag nach Ostern, der deswegen „weißer Sonntag“ genannt wird. Und Kinder, die heute zur Erstkommunion gehen, tragen manchmal immer noch weiße Gewänder. Ich denke allerdings – wie bei meinem Ordensgewand – nicht so sehr an Reinheit und Unschuld. Ich denke lieber an ein weißes Blatt Papier, das darauf wartet, beschrieben zu werden, ganz in dem Sinne: Du hast immer wieder eine Chance, neu anzufangen. Genau das sage ich mir oft – nicht nur, wenn ich meinen weißen Habit anziehe.
Und allen Erstkommunionkindern und ihren Familien heute: ein frohes Fest!