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Kirche in WDR 2 | 09.05.2025 | 05:55 Uhr
Habemus-Bundeskanzler
"Habemus Bundeskanzler“. Seit Helmut Kohl ist der
Kanzler wieder katholisch, aus dem Sauerland zumal. Und damit ist der neue
Kanzler seit Konrad Adenauer der zweite, der Nordrhein-Westfalen seine Heimat
nennt. Als CDU-Mitglied und als Priester im sozialen Brennpunkt hab ich einen
Wunsch: Friedrich Merz hat ja lange bei der Investmentfirma
Blackrock gearbeitet. Er weiß also sehr gut, wie wichtig wirtschaftliche Fragen
für die Politik sind. Merz kennt den Kapitalismus, wie er in den USA gelebt
wird. Mit Hire and Fire, also Kündigungen sofort, wie wir sie unter Präsident
Trump erleben. Ohne weitreichende Arbeitsschutzgesetze und starke
Gewerkschaften wie bei uns. Oder ohne weitreichende gesetzliche
Krankenversicherung. Aber: Friedrich Merz ist eben auch Katholik und
Christdemokrat. Und daher kennt er den Rheinischen Kapitalismus. Dieses Wort
habe nicht ich erfunden, es ist ein Fachwort für eine Art der Wirtschaftspolitik.
Der Rheinische Kapitalismus besagt: Damit die Wirtschaft läuft, ist es wichtig,
dass es in der Gesellschaft läuft, dass das Gemeinwesen funktioniert. Man nennt
das dann soziale Marktwirtschaft. Der
Rheinische Kapitalismus wird so genannt, weil Bonn damals Hauptstadt war. Klar
Adenauer spielte eine zentrale Rolle.
Im Rheinischen Kapitalismus stehen alle Menschen im Mittelpunkt;
die mit ihrer Arbeit die Wirtschaft am Laufen halten. In der Wirtschaftssprache
heißen diese: Stakeholder. Die soziale Marktwirtschaft orientiert sich an den
Stakeholdern. Denen gegenüber stehen die Shareholder. Das sind die
Aktionäre, die Anteilseigner. Deren Ziel ist es, möglichst viel Kapital
herauszuschlagen. Ob das Unternehmen dabei vor die Hunde geht und damit die
ganze Belegschaft ist im Grunde egal in der ganz strengen Logik dieser Spielart
des Kapitalismus.
Woran soll der neue Bundeskanzler sich nun orientieren? Hier sei noch einmal Papst Franziskus zitiert. Über die Wirtschaft hatte der gleich etwas in seinem programmatischen Schreiben gesagt, "Evangelii Gaudium" hieß das Schreiben, also "Freude am Evangelium". Und in einem Kapitel über die Wirtschaft hatte Franziskus geschrieben" "Diese Wirtschaft tötet". Das gab zuerst einen Aufschrei unter Unternehmern- Aber dann begriffen viele, welche Art des Wirtschaftens der Papst meint. Eine vierfache. Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung. Nein zu einer Vergötterung des Geldes. Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen. Nein zur sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt.
Ich finde: Papst Franziskus hatte sich damit als Rheinischer Kapitalist gezeigt. Nach dem Motto: Die Wirtschaft ist für die Menschen da, nicht umgekehrt. Dass das der erste katholische Kanzler seit langer Zeit nicht vergisst, das wünsche ich mir.