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katholisch
Kirche in WDR 3 | 23.05.2025 | 07:50 Uhr
Religionsfreiheit
Guten Morgen! Mich hat eine
Nachricht des internationalen Hilfswerkes Open Doors aufgeschreckt. Das ist die
Organisation, die sich für verfolgte Christen weltweit einsetzt. Da heißt es:
Nordkorea führt in der letzten Statistik weltweit den ersten Platz der Länder
an, in denen die meisten Christen verfolgt werden. Christen gelten dort nämlich
als Staatsfeinde. Sie werden entweder getötet oder in Straflagern gefoltert.
Religionsverfolgungen gibt es auch gegenüber anderen Religionen – zum Beispiel
den Uiguren in China. Und das im 21. Jahrhundert. Ich bin Kirchenhistorikerin
und denke mir: ich brauche nicht ins alte Rom zurückzugehen, in die Zeit unter
Kaiser Nero oder weiteren Kaisern, um über Verfolgungen aus religiösen Gründen
nachzudenken, sondern diese Verfolgungen gibt es bis heute in vielen Ländern
der Erde und sie nehmen weltweit zu. Und ich frage mich, ob ich den Mut hätte,
mich in solchen Ländern offen zu meinem Glauben zu bekennen, wenn ichdafür verfolgt, bedrängt oder gar getötet
würde.Glücklicherweise
lebe ich in einem Land, in dem Religion frei ausgeübt werden darf, ohne dafür
negative Folgen fürchten zu müssen. Denn es gibt ja in der Bundesrepublik
Deutschland die Religionsfreiheit. Die zählt zu den Grundrechten und ist im
Grundgesetz aufgeführt, welches heute vor 76 Jahren verkündet wurde, nämlich im
Artikel 4. Dort heißt es: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die
Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“
Und in Absatz zwei: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Ich darf also
meinen Glauben ausüben und habe die Freiheit, zu glauben, was ich möchte.
Religionsfreiheit bedeutet neben der Freiheit zur Religion, auch die
Freiheit von Religion zu haben. Das heißt, Religionsfreiheit betrifft
auch die Menschen, die sich gegen Religion entscheiden. Niemand darf also in
unserem Land gezwungen werden, eine bestimmte Religion überhaupt anzunehmen.
Das war nicht immer so: Ich denke da an die Sachsenmission unter Karl dem
Großen. Wer sich nicht taufen ließ, der wurde im Zweifelsfalle hingerichtet.
Aber das ist eine andere Geschichte. Wichtig ist:
Mit der Religionsfreiheit eng verbunden ist die Toleranz. Sie spielt gerade in
einer demokratischen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Ich muss tolerieren,
dass andere etwas anderes glauben oder auch gar nichts glauben. Und umgekehrt
erwarte ich, dass ich als gläubiger Mensch auch toleriert werde und zwar mit
dem Glaubens- und eigentlich auch Lebensentwurf, für den ich mich entschieden
habe. Die Religionsfreiheit ist eine große Errungenschaft im Laufe der
Menschheitsgeschichte und – zum Glück – bereits in vielen Demokratien in die
jeweilige Verfassung aufgenommen. Trotzdem ist sie nicht selbstverständlich.
Damals vor 76 Jahren, als das Grundgesetz in Kraft getreten ist, haben sich die
65 Väter und Mütter des Grundgesetzes dafür ausgesprochen, den Artikel 4 über
die Religionsfreiheit mit aufzunehmen. Gott sei Dank, denn damit ist bis heute
gewährleistet, dass in unserem Land auch weiterhin Religionsfreiheit für alle
Bürgerinnen und Bürger lebbar ist. Auch wenn heute nur noch knapp die Hälfte der
deutschen Bevölkerung einer der christlichen Kirchen angehört, bleibt das eine
Errungenschaft, um die uns andere Staaten beneiden.
Aus Gladbeck grüßt Sie Meike Wagener