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Kirche in WDR 3 | 29.05.2025 | 07:50 Uhr
Himmelfahrt
Guten Morgen - an Christi Himmelfahrt!
Mal ehrlich: diesen Feiertag kann doch nun wirklich niemand mehr verstehen. Himmelfahrt. Nicht mehr heute, im aufgeklärten High-Tech-Jahrhundert 21, nicht nach Mondlandung und Marsmissionen, nicht mit den Bildern ferner Galaxien vor Augen, erfasst von hoch-präzisen Weltraum-Teleskopen. Nicht in einer Zeit, in der Milliardäre sich zum Spaß als Touristen ins All schießen lassen.
Christus leibhaftig zum Himmel gefahren – beim besten Willen, wie soll denn das zu unserem Weltbild passen - und zum Weltraum, den wir längst in seinen Weiten und Winkeln erforschen.
Kein Wunder, dass schon der Alte Fritz, Friedrich der Zweite von Preußen diesen Feiertag aus dem Kalender streichen ließ, im Jahr 1773. Dem Zeitgenossen der Aufklärung war das Fest schon damals suspekt. Himmelfahrt – wie soll man das denn glauben? Drei Jahre nach dem Tod Friedrichs des Zweiten führte man den Feiertag in Preußen wieder ein. Nachdem ein humorvoller englischer Gesandter spöttisch anzufragen wagte, ob denn die Macht des Preußischen Hofes nun schon in den Himmel reiche.
Doch auch wenn der Tag wieder eingeführt worden ist: Himmelfahrt leuchtet nicht ein. Damals nicht und heute noch weniger.
Kein Wunder also, dass man den unverständlichen Feiertag kurzerhand zum Vatertag erklärt hat. Weshalb MAN zu Himmelfahrt jetzt eher irdischem Treiben folgt und mit Fässern im Gepäck durch Feld und Wälder bollert. Mancher widmet sich der Zecherei zu Himmelfahrt mit solcher Hingabe, dass er am nächsten Morgen noch die Engel singen hört.
Worum es wirklich geht zu Himmelfahrt, hat Martin Luther besser als der Alte Fritz gesehen: „Es geht nicht also zu, wie du aufsteigest auf einer Leitern ins Haus, sondern das ist’s, das er über allen Kreaturen und in allen Kreaturen und außer allen Kreaturen ist.“ (1)
Der Gott der Liebe in seinen Geschöpfen, über uns, in uns, um uns herum. Es gibt kein Leben ohne ihn und seine Gegenwart.
In meiner alten Kirche im Dortmunder Osten zeigt das ein schönes, buntes, rundes Fenster. Hoch oben über dem Hauptportal: Christus auf einer Wolke – die Hände zum Segen erhoben. Ausgang und Eingang, wer kommt und wer geht, drinnen und draußen, alles gesegnet. Weil Gott im Himmel Welt und Menschen liebt.
Himmelfahrt zu feiern heißt für Christinnen und Christen: Wir glauben an die Herrschaft dieser himmlischen Liebe. Gott ist im Regiment. Und die Herren der Welt, ob sie Friedrich, Wladimir oder Donald heißen, sie kommen und gehen dahin wie ein Rausch. Vergängliche, irdische Wesen, gottlob. Am Ende aber herrscht nichts und niemand anders als Gottes himmelweite Liebe. Also Kopf hoch, Mensch.
Einen gesegneten Himmelfahrtstag!
Ihr Ulf Schlüter, Bielefeld.
Quelle:
(1) Martin Luther, Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi, wider die Schwarmgeister, 1526
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze