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Kirche in WDR 3 | 30.06.2014 | 07:50 Uhr

Tasten

Händeschütteln verboten! Seit kurzem untersagt ein Bochumer Klinikum seinen Mitarbeitern den Patienten die Hand zu geben. Grund dafür: gefährliche Keime könnten übertragen werden und zu Infektionen führen. Da insbesondere die Desinfektion nach jedem Kontakt zu lange dauern würde, fällt das Begrüßungsritual also einfach weg.

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer.

Verwundert habe ich vor zwei Monaten diese Nachricht aus Bochum in der Zeitung gelesen. Und eigentlich kann ich das Anliegen der Klinik ja verstehen: Sie will die Patienten schützen. Denn Krankenhauskeime machen leider immer wieder Schlagzeilen. Hände sind offenbar der Tummelplatz von Millionen von Keimen und die Infektionsbrücke Nummer eins. „Händeschütteln verboten!“ das hilft natürlich effektiv dagegen. Aber um welchen Preis? – so frage ich.

Das Händeschütteln – und gerade im Krankenhaus – ist doch mehr als nur ein Begrüßungsritual. Mit dem Händereichen geschieht doch spürbare Zuwendung. Und welcher Mensch braucht diese spürbare Zuwendung nicht – vor allem dann, wenn er krank ist und damit eh schon isoliert. Durch ein Berühren und ein Berührt-Werden überwinden wir Isolation, denn wir nähern uns einander mit unseren Körpern. Darum geht es: Die Erfahrung körperlicher Nähe durch den Tastsinn.

Und genau das erfahren wir schon, bevor wir überhaupt geboren sind. Schon beim Embryo bildet sich der Tastsinn durch die Haut früher und differenzierter heraus als die anderen Sinnesfunktionen. Die Haut ist also das erste Sinnesorgan, das der Mensch in seiner Entwicklung ausbildet. Wissenschaftler betonen schon länger, wie wichtig Berührungen dann beim Säugling sind und welch eine positive Rolle der Körperkontakt überhaupt spielt für die weitere Entwicklung des menschlichen Urvertrauens. Durch den Tastsinn, das heißt über die Haut als Sinnesorgan, entwickelt ein Säugling seinen grundlegenden Bezug zur Welt: Er begreift sie im wahrsten Sinne des Wortes. Mehr noch: Durch Tasten und Anfassen vergewissert er sich seiner selbst. Ich fühle, also bin ich – so könnte man ganz einfach sagen.

Wie wichtig solche tastenden Selbstvergewisserungen gerade in Krisensituationen sind, dass erfahre ich in meiner Arbeit als Seelsorger immer wieder. Gegenüber von meinem Heimatkloster in Duisburg ist nämlich ein großes Krankenhaus. Ich bin nicht der Krankenhauspfarrer, aber es kommt schon mal vor, dass ich zu einer Krankensalbung auf die Intensivstation gerufen werde. Oft ist der Patient oder die Patientin nicht mehr ansprechbar. Dann liegt mir sehr viel daran, die Hand zu halten, sie zu drücken oder auch zu streicheln. Denn – so denke ich – wenn die Haut, also der Tastsinn, das erste und damit ein sehr wesentliches Sinnesorgan ist, dann kann über die Berührung vielleicht auch noch in diesem oft letzten Stadium einer Krankheit Kontakt zu einem Menschen aufgenommen werden. Vielleicht spürt er dann Zuwendung, Nähe und damit Urvertrauen und erfährt auch wieder Selbstvergewisserung: Ich fühle – also bin ich.

Übrigens, in der Bibel wird öfters von Heilungsgeschichten berichtet. Fast immer geht der wunderbaren Heilung dabei eine Berührung voraus. In einem Fall setzt sich Jesus dabei sogar über das Tabu hinweg, Aussätzige anzufassen (Mt 8,1-4; Mk 1,40-45; Lk 5,12-16). Indem er so die Isolierung des Kranken überwindet und in spürbare Beziehung zu ihm tritt, nimmt er dabei sogar das Risiko auf sich, selbst angesteckt zu werden. Was Jesus hier vorführt, bedeutet doch: Wer in Beziehung tritt, der macht sich damit grundsätzlich verwundbar. Aber Beziehungen sind für Heilprozesse unerlässlich. Vielleicht ist ja gerade die Überwindung der Isolation durch die spürbare Beziehung das entscheidende Wunder.

Egal wie man sich das biblische Wunder auch vorstellt oder erklärt: Für mich ist daran bemerkenswert, dass Heilung mit Beziehung zu tun hat und dass eine Berührung Veränderung bewirkt. Und das gilt sicherlich bis heute. Bleibt nur zu fragen: Sind nicht Nähe und spürbare Zuwendung wichtiger als die Angst vor Keimübertragungen beim Händeschütteln?

Aus Duisburg grüßt Sie Ihr Pater Philipp Reichling

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